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Jetzt fange ich 'was Neues an
Mit etwas Geduld lässt sich im Alter sogar noch ein Musikinstrument erlernen
Wer in den Ruhestand geht, muss nicht automatisch in ein Loch fallen. Endlich ist mehr Zeit für Hobbys - oder auch Zeit, etwas Neues auszuprobieren.
»Doch einige Regeln müssen beim Durchstarten im Alter beachtet werden«, sagt Clemens Tesch-Römer, Direktor des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) in Berlin. So biete das Alter zwar viele Freiräume - aber man brauche Geduld mit sich selbst, um etwas Neues zu lernen.
Doch mit Übung ist vieles möglich. Zum Beispiel, ein Musikinstrument zu erlernen. Eine Nische hat die »Musik-Akademie für Senioren« mit ihrem Angebot aufgetan. Vor zwölf Jahren wurde die Einrichtung gegründet. Heute zählt sie nach Angaben ihres Leiters Professor Ernst-Ulrich von Kameke mehr als 1000 Mitglieder. In wechselnden Städten werden bundesweit 30 Kurse pro Jahr angeboten, oft als Blockseminare.
Unter den liebsten Beschäftigungen der Senioren kommt an erster Stelle das Reisen, weiß Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) in Bonn. An zweiter Stelle folgen Medienkonsum und Internet und dann die Fortbildung. Besonders nach dem Übergang in den Ruhestand buchen die Senioren gerne Fern- und Bildungsreisen. Hoch im Kurs stehen den Angaben nach auch günstige Kurztripps und Städtereisen.
Beim Medienkonsum in Form von Fernsehen sind die Alten Spitzenreiter. Knapp vier Stunden läuft täglich der Apparat. Die jüngeren Senioren nutzten hingegen immer mehr das Internet. Und nach den Erfahrungen von Ursula Lenz engagieren sich immer mehr alte Menschen ehrenamtlich.
Auch das Studium übt auf ältere Leute eine große Anziehungskraft aus. Gut 50 Universitäten in Deutschland bieten eigene Seniorenstudiengängen oder Seminare für ältere Semester an. Das Angebot konzentriert sich auf Fächer wie Geschichte, Sprachen, Kunst und Philosophie. Weniger beliebt sei körperliche Bewegung, sagt Clemens Tesch-Römer. Je höher das Lebensalter, desto weniger Sport werde getrieben. Dabei biete Sport auch eine Chance, neue Kontakte zu knüpfen. Und der medizinische Effekt sei ungleich größer. Denn Bewegung, selbst Spaziergänge oder leichtes Fitnesstraining, wirkten sich sehr gut auf die kognitive Leistung aus. Sport sorge also auch für geistige Klarheit.
Allerdings gibt es nach Ansicht des DZA-Chefs zu wenig offene Angebote für ältere Menschen. Nicht jeder will gleich einem Verein beitreten.
Beispielhaft ist da etwa das Selbsthilfe- und Beratungszentrum des Sozialwerks Berlin. Das Haus bietet seit mehr als zwei Jahrzehnten Freizeit- und Sportangebote für Ältere. Die heute 81-jährige Käte Tresenreuter hatte das Zentrum vor 20 Jahren gegründet und organisiert bis heute mit ihren 240 ehrenamtlichen Helfern Ausflugsfahrten oder Musiknachmittage für Heimbewohner. »Außerdem bieten wir neben dem Besuchsdienst in Altenheimen wöchentlich mehr als 20 Kurse an«, sagt die Frau stolz. Besonders beliebt seien Yoga-Gruppen, tänzerische Gymnastik, Kegeln, Englisch-Konversation und Kartenspiele. Freundschaftliche Kontakte entwickeln sich, manche Kursbesucher fahren inzwischen auch zusammen in den Urlaub. Für die 81-Jährige steht fest: »Die Aktivität hält mich fit!«

Artikel vom 08.10.2005