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Effektvolle Klangrede,
mal heiter, mal ernst

Philharmoniker solistisch starten klassisch-neoklassisch

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Mit klassischen Lieblingsstücken und neoklassischen Perlen haben die »Philharmoniker solistisch« beim Saisonauftakt der bei einem breiten Stammpublikum beliebten Kammermusikreihe ihre Aufwartung gemacht.

Paul Hindemiths Sonate für vier Hörner entstand 1952. »Es ist ein ausgewachsenes und ernstes Stück geworden«, schrieb der Komponist nach Fertigstellung. Schwermütig klingt indes nur der erste Satz - Fugato, sehr langsam -Ê, den Hartmut Welpmann, Jürgen Haspelmann, Laura Hall-Haspelmann und Konrad Köhring im würdevollen Tonfall nahmen, ehe das Quartett mit pointiert verspielter Intonationstechnik und flottem Drive die lebhafte Seite des Werks auffächerte.
Klang Hindemiths Unvoreingenommenheit gegenüber sämtlichen Stilrichtungen, sein kompromissloses Nebeneinander von heiterer und ernsterer Kunst in der Hörnersonate bereits durch, erlebte das Publikum mit der Aufführung der Kammermusik Nr. 1 op. 24 ein Paradebeispiel einer von allen Normen befreiten Musik. Die erste Kammermusik, komponiert 1922, diente auch als der unmittelbare musikalische Ausdruck des Verlustes eines verbindlichen Wertgefüges.
In aufgeregter Klangrede und bei gleichzeitiger Trennschärfe der Stimmen verschafften sich Birgit Schulz (Flöte), Susanne Heilig (Klarinette), Michael Römisch (Fagott), Andreas Stickel (Trompete), Stefan Kostenbader (Schlaginstrumente), Irmela Bartehl, Eric Quirante-Kneba (Violine), Nikolaus Vulpe (Viola), Imke Wilden (Cello), Klaus Ebert (Kontrabass), Mateja Zenzerovic (Akkordeon) und Ulrich Meyer (Klavier) Gehör. Filigrane Streicherkaskaden wechselten mit anrührender, aus der Tiefe kommender Bläsermelancholie (im Quarett). Dramatisch schwoll im Finalsatz der von den Geigen nachempfundene Wespenschwarm auf- und ab, derweil Klavier und Schlagwerk Akzente setzten. Carolin Nordmeyer hielt die einzelnen Spannungsstränge gekonnt zusammen, auf das sich die charakteristischen Klangwunder herrlich entfalten konnten.
In der Mitte Vertrautes zum Mitschwingen: Thomas Bogdan konnte seine solistischen Fähigkeiten in Mozarts Oboenquartett glanzvoll in Szene setzen und mit phänomenaler Intonationssicherheit und musikalsicher Ausdruckskraft brillieren. Das Quartett wurde von den Streichern mit vollendeter Grazie, mit tänzelnder Leichtigkeit und fast barockem Affetto im Anstrich komplettiert.
Mit subtiler Spielfreude und dabei zwischen Ernst und Heiterkeit changierend, konnten auch Martina Buchholz-Suzuki (Oboe), Jens Ubbelohde (Klarinette) und Tilman Cardinal von Widdern (Fagott) mit Beethovens Variationen über Mozarts »Reich mir die Hand« überzeugen. Tosender Beifall!

Artikel vom 05.10.2005