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Kimi Räikkönens Sternstunde

Formel 1: Der Finne gewinnt in Suzuka - gestartet war er von Platz 17

Suzuka (dpa). Er klopfte vor Freude mit den Fäusten auf sein Lenkrad, stieg aus seinem Silberpfeil und ließ sich nach dem besten Rennen seiner Karriere überschwänglich feiern.

Mit einem halsbrecherischen Überholmanöver auf der Schlussrunde sorgte der Finne Kimi Räikkönen im Land der aufgehenden Sonne für eine Sternstunde für McLaren-Mercedes und hielt die Hoffnungen auf den Gewinn des Konstrukteurs-Titel in der Formel-1-Weltmeisterschaft aufrecht.
Der vom 17. Platz aus gestartete »Iceman« krönte seine spektakuläre Aufholjagd beim Großen Preis von Japan nach 1:29:02,212 Stunden mit seinem siebten Saisonsieg und verwies die Renault-Piloten Giancarlo Fisichella (Italien) und Weltmeister Fernando Alonso (Spanien) in einem der packendsten WM-Läufe seit langem auf die Plätze. Dennoch verlor McLaren-Mercedes seine Führung in der Teamwertung, da der zweite Silberpfeil-Pilot Juan Pablo Montoya schon in der ersten Runde ausschied. Vor dem Finale am kommenden Sonntag in Schanghai liegt McLaren-Mercedes zwei Punkte hinter Renault (174).
Für den von Alonso vor zwei Wochen auf dem WM-Thron abgelösten Michael Schumacher verlief dagegen auch der vorletzte Saisonlauf deprimierend, obwohl er und der neue Champion sich beim Start von den Rängen 14 und 16 rasch nach vorne vorarbeiten konnten. Nach 307,583 km und einigen harten Duellen landete er lediglich auf dem siebten Rang. »Ich bin lange nicht mehr so involviert gewesen in Zweikämpfe. Der Spaß ist aber natürlich schon etwas reduziert, wenn man nach und nach zurückfällt«, sagte Schumacher mit gedämpfter Stimme, nachdem er von Alonso und von Räikkönen stehen gelassen worden war. »Wir haben nicht mehr viel, was wir im letzten Rennen noch aufbieten können, um uns zu steigern. Wir können nur mit ein bisschen Goodwill die Sache nach Hause fahren«, sagte er mit Blick auf Schanghai.
Während auch Bruder Ralf Schumacher nach seiner ersten Pole-Position für Toyota auf Grund einer verkorksten Rennstrategie am Ende eine Nebenrolle spielte und nur Achter wurde, avancierte Räikkönen zum unumstrittenen Hauptdarsteller in einem der packendsten Rennen der vergangenen Jahre. »Das war Hollywood-reif. Ein Wahnsinns-Rennen, das zu den absoluten Highlights in der Geschichte von McLaren-Mercedes zählt«, meinte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug, ehe er den 25-Jährigen nach dessen brillantem Auftritt herzte.
»So eine Aufholjagd sieht man nicht alle Tage«, zollte auch BMW- Motorsportchef Mario Theissen Respekt. Die entscheidende Attacke, bei der Räikkönen vor 155 000 begeisterten Zuschauern im Suzuka Circuit Park Fisichella in der ersten Kurve nach der Zielgeraden außen überholte, stellte Haug auf eine Stufe mit dem »Klassiker wie das Manöver von Mika Häkkinen gegen Michael Schumacher in Spa vor fünf Jahren«.
Räikkönen gab nach seinem Husarenritt zu, dass »es ein viel schwierigerer Sieg als all meine Siege zuvor war. Aber um so schöner ist es, ihn eingefahren zu haben.« Rivale Alonso meinte allerdings, dass er das erste Mal seit Monaten das Gefühl gehabt habe, sein Renault sei schneller gewesen als Räikkönens Dienstwagen. »Ich bin daher sehr enttäuscht«, sagte der Spanier. »Wenn er schneller war, weiß ich nicht, warum er hinter uns gelandet ist«, so Haug. Montoyas Ausfall zum Trotz formulierte Teamchef Ron Dennis bereits die Kampfansage an Renault: »Wir wollen in China den Konstrukteurs-Titel holen.«

Artikel vom 10.10.2005