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Das war Fußball vom Feinsten

4:1 gegen Offenbach: Paderborn spielt sich in einen Rausch und auf Platz drei

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). »Die Niederlage ist bitter, weil sie nicht nur hoch, sondern auch noch hochverdient war.« Ein Satz, dem man nichts hinzufügen muss. Der Kommentar von Offenbachs Trainer Hans-Jürgen Boysen sagt schon alles über den 4:1 (1:1)-Sieg des SC Paderborn 07 im Aufsteiger-Duell gegen die Kickers.

Der SC Paderborn 07 fing allerdings schwach an, lag nach 18 Minuten (Regis Dorn) verdient 0:1 zurück und musste sich harte Kritik vom Trainer gefallen lassen. »Da waren wir viel zu passiv, sind gar nicht in die Zweikämpfe gekommen, waren verunsichert und haben uns viele unnötige Ballverluste erlaubt«, wurde Jos Luhukay zur Pause deutlich.
Eine knallharte Ansprache, die aber auch nötig war, denn genau so sah das Spiel des Neulings eine halbe Stunde lang aus. Doch dann wurde der SCP immer besser. Marcel Ndjeng (40.) besorgte vor dem Wechsel noch den eminent wichtigen Ausgleich und stellte so die Weichen für eine zweite Hälfte, die zweifellos der beste Zweitliga-Fußball war, den der ohnehin stark aufspielende SC Paderborn bislang geboten hat. »Der Trainer hat uns in der Halbzeit richtig heiß gemacht«, nannte Ndjeng eine Ursache für den wie entfesselt auftrumpfenden SCP.
Eingeleitet wurde die Wende auf der Bank. Bereits nach 26 Minuten änderte Luhukay seine Taktik, brachte für den defensiven Marc Gouiffe á Goufan den offensiv stärkeren Daniel Brinkmann, zu Beginn des zweiten Durchgangs kam mit Hüzeyfe Dogan (für Dennis Schulp) eine zweite Spitze. »Danach spielte sich Paderborn in einen richtigen Rausch, die haben uns regelrecht vorgeführt«, musste ein zerknirscht dreinblickender Boysen zugeben. Roel Brouwers (55.) per Kopf sowie Hüzeyfe Dogan (58.) und René Müller (82.) mit dem Fuß - sie trafen, drehten das Spiel und sicherten Sieg Nummer fünf. Ein Erfolg, der leicht hätte noch höher ausfallen müssen. Ndjeng (65.) und Brinkmann (75.) ließen noch zwei Riesenmöglichkeiten ungenutzt, doch das interessierte hinterher niemanden mehr. »Das war heute eine Halbzeit lang Fußball vom Feinsten«, lobte Luhukay die Seinen und legte noch nach: »Jetzt haben wir zwei Wochen Pause, und die Paderborner können mit stolz auf die Tabelle schauen.« Da steht der Neuling SCP nun auf Rang drei, eine Platzierung, die in sieben Monaten das Ticket zur ersten Liga bedeuten würde.
Doch bei aller Freude, das geht dem 42-Jährigen dann doch entschieden zu weit. »Ich werde hier ruhig und sachlich bleiben und dafür sorgen, dass niemand das Ziel aus den Augen verliert. Und das heißt immer noch Klassenerhalt, nicht Aufstieg.«
Über die ausgelassen feiernden Paderborner Fans muss sich der Fußballlehrer da die wenigsten Sorgen machen. Als Hüzeyfe Dogan nach knapp einer Stunde zum 3:1 traf, entrollten die SCP-Anhänger dieses Transparent: »Noch 25 Punkte bis zum Klassenerhalt.« Eine Botschaft, die auch bei den Spielern ankommt und die der Kapitän und Torschütze René Müller noch verschärft: »Wer über mehr spricht, verliert jeglichen Bezug zur Realität.«

Artikel vom 03.10.2005