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1:1 - mehr Mut tut Arminia richtig gut

Beim Remis in Leverkusen legt der DSC seine Zurückhaltung ab - ein Sieg war greifbar nah

Von Dirk Schuster
Leverkusen (WB). Die Bielefelder Arminen haben die allseits geforderte Reaktion auf die zuletzt enttäuschenden Darbietungen in der Fußball-Bundesliga gezeigt.
Verdiente sich den Fleißpreis: Michael Fink (weißes Trikot), der den Zweikampf gegen Castro gewinnt.

Nur in einer Szene reagierte ein Armine gar nicht: Mathias Hain. Brauchte er auch nicht mehr. Der Torwart war auf dem Weg ins linke Toreck, als Andrej Voronins Schüsschen von Ramelows Hinterteil abgefälscht ins rechte kullerte. Es war das höchst glückliche 1:1 für Bayer Leverkusen, Isaac Boakye hatte Bielefeld in Führung gebracht.
»Irgendwie passt dieses Tor zu unserer Situation«, traf Michael Fink den Nagel auf den Kopf. Trotzdem: Ein Sieg wäre schön gewesen, dass es nur ein Unentschieden geworden ist, ist nicht schlimm. Denn so, wie Bielefeld bei Bayer auftrat, »hat die Mannschaft genau die richtige Antwort auf die Kritik gegeben«, lobte DSC-Trainer Thomas von Heesen.
Ist ja schön, wenn Mathias Hain, wie er sagte, »völlig klar gewesen« ist, dass Arminia in Leverkusen ein gutes Spiel machen würde. Aber es tat schon gut zu sehen, wie die Gäste mit genau dem Mut Richtung gegnerisches Tor spielten, der sie im Heimspiel zuvor gegen Mönchengladbach verlassen hatte. Bestes Beispiel: Markus Schulers Direktabnahme aus 18 Metern. Hätte Babic nicht auf der Linie geklärt, es hätte in der nicht ausverkauften BayArena schon nach acht Minuten 0:1 geheißen.
Bielefeld fiel mit weiteren guten Aktionen auf, Radim Kucera im defensiven Mittelfeld und Innenverteidiger Heiko Westermann ragten aus einer geschlossen guten Gästeelf heraus. Leverkusen erkannte schnell: Um diese Arminia zu besiegen, müssen wir richtig malochen. Und weil Bayer erst am Donnerstag im UEFA-Pokal spielte, war die Müdigkeit in den Knochen und Köpfen einiger Spieler unübersehbar. Coach Rudi Völler bat um Verständnis: »Es ist doch klar, dass unser Gegner viel frischer war als wir.«
Klar spielte den Bielefeldern der Leverkusener Substanzverlust nach dem verloren gegangenen Euro-Auftritt in Sofia in die Karten. Dass der DSC mit zunehmender Spieldauer immer mehr das Heft in die Hand nahm, lag aber auch daran, dass sich Leverkusens Publikum ganz schlecht verkaufte. »Wir haben die Schnauze voll«, »Scheiß Millionäre«, »Holzhäuser raus«: Gefrustet verließ der Geschäftsführer nach einer Stunde seinen Platz und ward im Stadioninneren nicht mehr gesehen. Dass Bielefeld die Verunsicherung, die das Bayer-Publikum auf seine Spieler übertrug, zunächst nicht zu einem Erfolg nutzte, lag daran, dass bis zum Strafraum hübsch der Ball lief, innen drin aber kaum Gefährliches heraussprang.
Anders die Werkself: Zwei Mal hatte Arminia Glück. Zwei Mal war Berbatov traumhaft in Szene gesetzt worden, zwei Mal flog der Ball knapp am Tor vorbei (15., 18.).
Ausgerechnet in der Phase, in der sich Bayer nach der Pause immer näher ans Führungstor herantastete, schlug Isaac Boakye zu. Erst musste Matze Hain nach Borges' Patzer im Duell gegen Berbatov sein Können aufbieten, um das 0:1 zu verhindern (48.). Dann erzielte Boakye seinen ersten Treffer in dieser Saison.
Wie Bielefeld Bayer in der Folge beherrschte, die Kugel in den eigenen Reihen hielt und den Gegner hinterher hecheln ließ, war klasse. Nicht so klasse war, dass es der DSC versäumte, seine zwei, drei guten Konterchancen nicht vorentscheidend zu nutzen. Darum sprach Co-Trainer Frank Geideck hinterher davon, zwei Punkte liegen gelassen zu haben.
Andererseits: Um ein Haar wäre es nicht bei Bayers einem Tor durch Voronin (84.) geblieben. Berbatov hatte Hain schon umkurvt, scheiterte mit seinem wuchtigen Drehschuss aber am Pfosten (86.). Und just zuvor hatte Radomir Dalovic einen Freistoß Voronins auf der Linie gerettet (85.).
Darum war Thomas von Heesen nach der Partie auch gar nicht so unglücklich über das Remis. Die für ihn wichtigste Erkenntnis: »Wenn wir immer so spielen, kann uns nichts passieren.« Dass der DSC dem 1:1 zum Trotz auf einen Abstiegsplatz abgerutscht ist, ging Kapitän Mathias Hain sonst wo vorbei: »Entscheidend ist, wo wir nach 34 Spieltagen stehen.«
Lesen Sie auch den Bericht zum Arminia-Gastgeber Bayer Leverkusen auf der Sportseite 3

Artikel vom 03.10.2005