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Terror erschüttert Bali:
»Es bricht mir das Herz«

Radikalislamisten unter Verdacht - Viele Touristen bleiben

Von Dewi  Kurniawati
und Lars  Nicolaysen
Jakarta (dpa). Das quirlige Urlaubsparadies Bali ist nach wie vor im Visier des Terrors. Das haben am Samstag drei fast zeitgleiche Bombenexplosionen auf brutale Weise klar gemacht. Auch am Tag danach liegen dutzende Menschen verletzt im Krankenhaus.
Tod im Paradies: Nach 2002 wurde die indonesische Urlaubsinsel Bali erneut Ziel von Terroristen.

Auf der Intensivstation der Klinik Sanglah in Balis Provinzhauptstadt Denpasar herrscht Chaos. Angehörige der Opfer trauern um ihre Liebsten, andere suchen verzweifelt nach Vermissten. Dazwischen die Schreie einer blutüberströmten Frau.
»Es bricht mir das Herz«, sagt der Taxi-Fahrer Wayan Martawan mit zitternder Stimme. »Wir haben gerade versucht, wieder auf die Beine zu kommen«, erzählt der 43-Jährige und erinnert an die verheerenden Bombenexplosionen vor zwei Nachtclubs am 12. Oktober 2002 (Artikel unten). Elf Tage vor dem dritten Jahrestag der Tragödie haben die Anschläge am Samstag das trügerische Bild von Sicherheit in Indonesien aufs Neue zerstört. In den bei Touristen beliebten Cafés der Ferienanlage von Jimbaran südlich von Kuta herrschte gerade abendlicher Hochbetrieb, als plötzlich zwei Explosionen für ein Inferno sorgten. Eine weitere Explosion traf ein von einem Deutschen betriebenes Restaurant im Zentrum Kutas.
Am Tag nach der Bluttat ist die sonst für Bali typische fröhliche Wochenendstimmung verschwunden. Wo sonst Touristen bummeln, sich unterhalten, lachen und Schaufenster anschauen, versammeln sich in Kuta Menschentrauben hinter den Polizeiabsperrungen, um herauszufinden, was geschehen ist. Während die Ermittler noch versuchen, die Drahtzieher aufzuspüren, haben viele den Hauptverdächtigen bereits ausgemacht: die radikalislamistische Gruppe Jemaah Islamiya (JI).
Die Tatausführung deute darauf hin, dass die JI hinter den Anschlägen stecke, meinte auch der indonesische Generalmajor Ansyaad Mbai. Sie weise Parallelen zu frühen Anschlägen der Gruppe auf, die Verbindungen zum El-Kaida-Netzwerk haben soll. Dabei war das nach der Bevölkerungszahl größte muslimische Land der Erde international dafür gelobt worden, mit harter Hand nicht nur die Attentäter von vor drei Jahren, sondern daneben auch Dutzende weitere militante Islamisten dingfest gemacht und vor Gericht gestellt zu haben.
Als Drahtzieher gelten auch diesmal wieder die beiden flüchtigen Malaysier Azahari Bin Husin und Noordin Mohamed Top, die seit den Anschlägen 2002 ganz oben auf Indonesiens Fahndungsliste stehen. Doch anders als damals gab es diesmal kein Anzeichen für einen Massenexodus der Touristen von Bali. Im Gegensatz zu 2002, als die meisten Touristen umgehend ihre Koffer packten, wollen jetzt einige der Urlauber demonstrativ bleiben, um ein Zeichen zu setzen, dass sie sich nicht der Terrorbedrohung beugen. »Ich werde nicht weggehen«, sagt der australische Tourist Craig Watson.

Artikel vom 03.10.2005