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Reise ins Weltall - ganz privat

US-Millionär Olsen erfüllt sich Lebenstraum - Astronaut Reiter muss warten

Von Stefan Voß
Moskau (dpa). Es wird der Abenteuer-Trip schlechthin: An diesem Samstagmorgen startet der amerikanische Unternehmer Gregory Olsen an Bord eines russischen Sojus-Raumschiffs zu einem einwöchigen Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation (ISS).
Soviel Zeit muss sein: Eine russische Frisörin besorgt Olsen den Raum-Schnitt. Fotos: Reuters

Um die 20 Millionen Dollar hat der mit der Herstellung von Infrarot-Kameras zu Reichtum gekommene Amerikaner für die Erfüllung seines Lebenstraums hingeblättert. Während die US-Raumfahrtbehörde NASA auch den dritten Touristen in der Geschichte der Raumfahrt eher zähneknirschend akzeptiert, freuen sich die finanzschwachen Russen über den Geldsegen. Die Amerikaner hätten lieber den deutschen Astronauten Thomas Reiter ins All gebracht.
Der 60-jährige Olsen mag den Begriff »Weltraumtourist« weniger und sieht sich eher als privater Forscher. An Bord der ISS will er in der Schwerelosigkeit Kristalle züchten und die Erkenntnisse auch für sein Unternehmen nutzen. Die zwölfte Langzeitbesatzung wird den Privatmann mit zur ISS in die Erdumlaufbahn nehmen. Der US-Astronaut William McArthur und sein russischer Kollege Waleri Tokarew haben am Boden bereits alle erdenklichen Notsituationen mit dem Weltraum-Novizen trainiert. »Olsen ist ein großartiger Kerl. Er konzentriert sich ganz auf die Raumfahrt und hat hart trainiert«, lobt der Raumfahrt-Profi Tokarew.
Dabei lief in der Vorbereitung längst nicht alles glatt für den Privat-Raumfahrer. Im Juni 2004 schien sein Traum bereits geplatzt zu sein. Der Mann sei körperlich nicht fit genug für den Weltraum, teilte sogar der Chef der russischen Raumfahrtbehörde, Anatoli Perminow, mit. Ein monatelanges Intensivtraining brachte jedoch die Wende und nun grünes Licht für Olsens Start.
Vor ihm wagten sich bereits der US-Amerikaner Dennis Tito im Jahr 2001 und der Südafrikaner Mark Shuttleworth 2002 in den Weltraum. »Großartig, großartig«, jubelte Tito bei der Rückkehr in die kasachische Steppe, als ihn Helfer behutsam aus der engen Kapsel zogen. »Ich komme gerade aus dem Paradies zurück.«
Auf Olsens Startplatz an Bord der Sojus-Raumkapsel hatte sich zuletzt auch der erfahrene deutsche Astronaut Thomas Reiter Hoffnung gemacht. Er sollte ursprünglich mit dem US-Shuttle »Atlantis« im Sommer zu einem Langzeitaufenthalt ins All starten. Die Pannen und Probleme der US-Shuttles verzögerten jedoch alles. Zuletzt war nun für Reiter als Starttermin der März 2006 vorgesehen. Doch Hurrikan »Katrina« beschädigte jetzt auch NASA-Anlagen am Golf von Mexiko. Neuer Starttermin soll nun im Mai 2006 sein.
Experten der europäischen Raumfahrtagentur ESA hofften daher, Reiter möglicherweise auf den dritten Platz in der Sojus-Kapsel setzen zu können. Doch die Russen gaben dem zahlenden Weltraumtouristen Vorrang.

Artikel vom 01.10.2005