01.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Burgit Hörttrich

Bielefelder
Optik

Durchhalten reicht nicht


Bielefeld galt einst als die bäderreichste Stadt des Landes. Das war in Zeiten, als entweder genügend Geld da war oder man Geld, auch wenn man es nicht hatte, mit vollen Händen ausgab, ohne sich groß Gedanken zu machen.
Vor der Gebietsreform wollte schließlich jede kleine Gemeinde ihr eigenes Freibad. Nach der Gebietsreform lagen die Bäder der Großstadt Bielefeld auf der Tasche. Investiert wurde nicht, denn wenn die Sonne schien und der Sommer schön und heiß war, strömten die Besucher herbei. Wenn nicht, dann eben nicht.
Geld mit einem Bad zu verdienen oder zumindest die Kosten zu reduzieren, auf die Idee kam man nicht.
Als Anfang der 1990er Jahre nichts mehr ging, engagierten sich die Fördervereine, weil die Bäder oft einziges Freizeitangebot im Ortsteil war, dazu das Wir-Gefühl stärkten. Die Fördervereine halfen, erhebliche Summen zu sparen, ohne sie wären schon deutlich mehr Bäder dicht. Für grundlegende Investitionen fehlte ihnen aber natürlich das Geld.
Die BBF erarbeitete ein Konzept, das garantieren soll, dass jeder Bielefelder ein Freibad vergleichsweise problemlos erreichen kann. Senne büßte zwar sein Hallenbad ein, bekam dafür aber ein modernes Freibad. Jöllenbeck hat im Winter kein Tragluftbad mehr, das Freibad wird aber unter BBF-Regie weiter geführt. Das Wiesenbad ist das Zentralbad. Jetzt soll Hillegossen saniert werden - das nächste Freibad wäre Oerlinghausen. Und das gehört auch nicht zu den modernsten Einrichtungen im Lande. Und dann kommt Dornberg an die Reihe.
Vielleicht kann auch Schröttinghausen gerettet werden.
Ob auf Dauer, ist die Frage. Denn der finanzielle Kraftakt ist gewaltig.
Das gilt erst recht für das Freibad Gadderbaum.
Der Investitionsbedarf dort ist erheblich, die laufenden Kosten aber auch. Auch, wenn es schöner ist, das Freibad vor der Haustür zu haben - der Weg zum Wiesenbad per Stadtbahn ist nicht unzumutbar.
Das Wiesenbad ist das Bad mit den höchsten Besucherzahlen - weil es mehr bietet als Wasserbecken und Liegewiese. Gelingt es, in Brackwede ein Naturerlebnisbad zu schaffen, gebe es eine neue Sommerattraktion, die das Gadderbaumer Bad möglicherweise noch mehr ins Abseits stellen würde. Selbst bei allerbestem Willen und selbstlosem Arbeitseinsatz der Fördervereinsmitglieder erscheint es unrealistisch, genügend Geld allsommerlich zusammenzubringen, um den Betrieb zu garantieren.
Sollten die Schließungen unvermeidlich sein: Von Schröttinghausen aus sind die Bäder in Dornberg und in Jöllenbeck vergleichsweise schnell (natürlich mit dem Auto) zu erreichen. Da haben die Bielefelder, die in Brake (Freibad vor Jahren geschlossen), Milse, Heepen, Stieghorst wohnen, eindeutig weitere Wege bis in »ihr« Freibad Hillegossen.
Um bei der Stange zu bleiben, wie sie das bislang in bewundernswerter Weise getan haben, brauchen die Fördervereine jetzt eben nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch Geld. Und das eben nicht nur ein Jahr, sondern jedes Jahr. Auch in Jahren mit Sommern wie dem von 2005, in dem das beste Wetter außerhalb der Ferien herrschte. Und der galt nicht als schlecht, sondern als durchschnittlich.

Artikel vom 01.10.2005