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Auf Maß geschneidert

Neue Ausbildung zum Änderungsschneider dauert zwei Jahre

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh(WB). Fast alle großen deutschen Textilbetriebe produzieren heute aus Kostengründen im Ausland. Gerade dadurch eröffnen sich den Maßschneidern einerseits und Änderungsschneidern andererseits neue Marktchancen.

Heinrich Kleegräfe, Herrenschneider im Gütersloher Ortsteil Isselhorst, schätzt den Anteil der Bevölkerung, der für maßgefertigte Kleidung gewonnen werden könnte, auf bis zu fünf Prozent. Dabei gibt es in ganz Ostwestfalen-Lippe nur noch drei Herrenschneider-Betriebe -Êdas von Kleegräfe und seiner Ehefrau, der CDU-Bundestagsabgeordneten Lena Strothmann, geführte Unternehmen bereits eingeschlossen. Zum Vergleich: In den fünfziger bis Anfang der sechziger Jahre konkurrierten allein in Isselhorst zehn bis elf Schneidereien.
Dass Frauen hier zu Lande mehr Wert auf gutes Aussehen legen, zeigt sich an der größeren Zahl von Damenschneider-Betrieben. Daneben findet man fast in jeder größeren Gemeinde mindestens einen Änderungsschneider; insgesamt in OWL etwa 600. Ein Großteil dieses Berufs ist inzwischen fest in der Hand von Migrantenfamilien insbesondere aus der Türkei und Russland.
Nicht zuletzt hat die abnehmende Zahl von Lehrlingen im vergangenen Jahr dazu geführt, dass die vorher getrennten Auszubildungswege für Damen- und Herren-Maßschneider zusammengelegt wurden. Erst im dritten Lehrjahr bilden sich unterschiedliche Schwerpunkte bei Damen- oder Herren. Kleegräfe zufolge ist diese Trennung nicht nur wegen der anatomischen Herausforderungen sinnvoll; auch beim Kaufverhalten gebe es Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Individuelle Kundenberatung habe einen hohen Stellenwert.
Ganz neu ist 2005 die Ausbildung für Änderungsschneider. Sie dauert nach Auskunft von Marwin Schadwill, Ausbildungsberater bei der OWL-Handwerkskammer, nur zwei Jahre. Die Anforderungen sind niedriger und auf praktisch begabte Jugendliche abgestimmt. Unterrichtet werden Näharbeiten an Bekleidung und Heimtextilien, Bügeln sowie der richtige Umgang mit Stoffen und Maschinen. Wichtig, so Kleegräfe, sind neben der soliden Schulausbildung ein Gespür für Farben und schicke Kleidung.

Artikel vom 01.10.2005