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Schiller-Abend begeisterte Publikum

Glänzender Rezitator und gelungene musikalische Darbietungen


Sennestadt (rs). Wer den pensionierten Pfarrer Manfred Holler (Senne) schon bei literarischen Veranstaltungen erlebt hat, weiß, welch glänzender Rezitator er ist, der manchen Berufsschauspieler »in die Tasche steckt«. Er versteht es auch, durchdachte und stimmige Programmkonzepte zu erstellen wie die »Literarische Begegnung am Abend« zum 200.Todestag von Friedrich Schiller.
In dieser gut besuchten VHS- Veranstaltung im Vortragsaal des Sennestadthauses wurden noch, wie Holler in seiner Begrüßung formulierte, »gewichtige musikalische Akzente« gesetzt.Petra von Laer sang, begleitet von Gustav Adolf Lent, Lieder von Schubert, K. F.Curschmann und Schumann nach Texten von Schiller und überzeugte einmal mehr als Liedsängerin hohen Ranges, die eine blühende, bruchlos geführte Stimme mit großer Gestaltungskraft paart. Leuchtender und schwungvoller kann man SchubertÕs visionär beginnende »Sehnsucht« (Ach, aus dieses Tales Gründen) nicht überbringen.
Es habe in diesem Jahr im Land mächtig »geschillert« verwies Manfred Holler auf zahlreiche große und kleinere Jubiläumsproduktionen bis hin zur Neuverfilmung von »Kabale und Liebe« in Starbesetzung, die demnächst im Fernsehen zu sehen ist oder auch die etwas fragwürdigen Ehrungen mit Schiller als Comicfigur oder in Porzellan als Salz-und Pfefferstreuer.
In seinem eigenen kleinen, aber feinen Jubiläumsbeitrag gelang es ihm, dank einer klug überlegten Textauswahl, die komplexe Persönlichkeit des Dichters zu beleuchten, seine Ehe, seine Beziehung zu Goethe, Schiller im Urteil seiner Zeitgenossen, seine Krankheit, aber auch Energie, ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein und kämpferisches Eintreten für Freiheit und Menschenrechte. Dazu las er Ausschnitte aus seinen Werken, unter anderem die Huldigung an die klavierspielende Laura oder die Balladen »Der Handschuh« und »Die Bürgschaft«, das Hohe Lied der Freundschaft.
Auch wenn die Romantiker spotteten , dass sie beim Lesen von Schillers Versen vor Lachen fast von den Stühlen fielen und seine Sprache auch heute nicht unbedingt zeitgemäß ist - Holler konnte das durch seinen bildhaft-lebendigen Vortrag, ohne falsches Pathos, vergessen lassen. Bei manchen Zitaten stellte sich bei den vorwiegend älteren Zuhörern das »Aha« Erlebnis ein, Erinnerungen an die eigene Schulzeit
. Zum Schluß seiner Lesung hatte Holler aus der Wallenstein Trilogie (das Theater war Schillers eigentliche Bestimmung) die Kapuzinerpredigt ausgewählt.Man hätte ihm noch länger zuhören können - und hätte auch gern noch mehr Musik gehört, zumal die Liedbeiträge einen tiefen Eindruck hinterließen, so Schuberts dramatische »Des Mädchens Klage«, der Gesang Theklas aus »Piccolomini«, oder »Es lächelt der Himmel«, des unbekannteren Romantikers K.F.Cruschmann und schließlich Robert Schumanns Hommage an Wilhelm Tell mit dem in keinem Liedband zu findenden »Schweizer Kuhreigen« und »Des Sennen Abschied«.

Artikel vom 03.10.2005