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Neue Aufgaben
für die Kammer

Heute im Gespräch: Michael Heesing

Bielefeld (WB). Nicht nur das Handwerk, auch der Staat braucht die Kammern, sagt Michael Heesing. Bernhard Hertlein sprach mit dem Hauptgeschäftsführer, der seit 25 Jahren bei der OWL-Handwerkskammer arbeitet.
25 Jahre bei der Kammer: Michael Heesing. Foto: Bernhard Pierel

Es gibt sicher gute Gründe, sowohl Handwerkskammern als auch Fachverbände und Innungen zu haben. Aber reichen Personal und Geld für zwei Parallelorganisationen auf Dauer aus?Heesing: Wir brauchen beide für unterschiedliche Aufgaben. Die Handwerkskammern nehmen etwa im Prüfungswesen, bei der Lehrlingsausbildung, der Bestellung von Sachverständigen und der Existenzförderung in starkem Maße Aufgaben wahr, die sonst der Staat leisten müsste. Demgegenüber agieren die Innungen und Fachverbände wie andere Arbeitgeberverbände. Ihr Aufgabenbereich geht bis hin zur sozial und arbeitsrechtlichen Vertretung.
Die Ursachen für die finanziellen Probleme der Vertretungen des Handwerks liegen nicht in einer falschen Struktur, sondern in der nun schon zehn Jahre andaudernden wirtschaftlichen Talfahrt. Im Jahr 1995 zählte das Handwerk knapp sieben Millionen Beschäftigte; heute sind es nur noch 4,9 Millionen.

Das heißt, die Vertretungen des Handwerks müssen sich verkleinern?Heesing: Der Prozess ist bereits im Gang. Auf der anderen Seite möchte die neue NRW-Landesregierung zusätzliche Aufgaben etwa im Bereich des Gewerberechts auf die Kammern übertragen.

Es gibt Forderungen, für einige der aus Anlage A herausgefallenen Handwerksberufe wieder die Meisterpflicht einzuführen.Heesing: Bisher kommt diese Forderung von einigen Landespolitikern der CDU und CSU. Ich gehe aber davon aus, dass noch einmal ein Umdenkungsprozess einsetzt, wenn zum Jahresende die Ausbildungszahlen ausgewertet sein werden. Schließlich zeigt sich jetzt auch schon ein qualitativer Abstieg; so hört man etwa aus dem Fliesenleger-Handwerk, dass Meister immer häufiger gerufen werden, um den Pfusch zu korrigieren, den andere ohne richtige Ausbildung angerichtet haben.

Die Förderung der Ich-AG läuft am Jahresende aus. Sind Sie dafür, sie nicht weiter zu führen?Heesing: Ja, denn die Ich-AG ist staatlich alimentiert. Das führt zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten etablierter Betriebe. Angesichts der Mitnahmeeffekte ist das Projekt eine riesige Geldverschwendung.

Artikel vom 30.09.2005