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Für zeitgenössisches Theater hat sich Monika Gysel »schon immer« interessiert, sie mag aber auch die Klassiker. Am Theater Bielefeld findet sie deshalb »ideale Bedingungen« vor, weil der Spielplan stets eine Mischung ist aus Uraufführungen, Neuentdeckungen, Neuinszenierungen.
Zu ihren Aufgaben gehöre es, neue Stücke zu lesen, Themen, die »in der Luft« liegen, aufzugreifen, Kontakte mit Verlagen oder Autoren herzustellen, Vorschläge für den Spielplan zu machen. Monika Gysel: »Zurzeit bereiten wir den Spielplan der Saison 2006/2007 vor.« Der Eröffnungsspielzeit für das neu gestaltete Stadttheater. Die Dramaturgin: »Das Haus kenne ich bislang nur als Baustelle.«
Wenn sie ein Stück - gemeinsam mit dem Regisseur - betreut, gehört zu ihren Aufgaben, zum Beispiel eine zeitgemäße Übersetzung zu finden, unter Umständen eine eigene Fassung zu erarbeiten, herauszustellen, was gerade an diesem Stück interessant ist. Speziell bei Uraufführungen sei es eine spannende Erfahrung, zu sehen, wie ein Text auf der Bühne lebendig werde. Monika Gysel: »Auch für den Autor ist das natürlich eine besondere Erfahrung.«
Sie nehme so oft es gehe an den Proben teil, arbeite mit dem jeweiligen Regisseur im Team zusammen. Meistens sei sie zudem »das erste Zuschauerauge« einer Inszenierung.
Bielefeld ist nach Überzeugung von Monika Gysel eine Stadt, in der Theater einen erheblichen Stellenwert habe: »Den Menschen hier ist ihr Theater wichtig.« Ihr Anliegen sei es, nicht Theater im »luftleeren Raum« zu machen, sondern das Publikum auch zu erreichen.
Sie habe manchmal Heimweh nach Zürich - vor allem nach dem Zürichsee; obwohl es Bielefeld an Wasser fehle, habe sie sich doch gut eingelebt. Und: »Wenn man beim Theater ist, ist man eientlich nirgendwo auf Dauer - und wenn, dann ist das ein seltener Glücksfall.« Der Arbeitsrhythmus beim Theater bestimme die Zeit, die sie in Bielefeld privat verbringen könne. Sie wolle aber ein Gefühl für die Stadt haben, in der sie arbeite: »Wir wollen schließlich Theater für diese Stadt machen und nicht an den Menschen vorbei.«
Ihr gefällt, dass sie als Dramaturgin »alle paar Wochen« nicht nur eine neue Aufgabe, sondern auch neue Kollegen bekomme, auf die sie sich einstellen müsse. Das sei immer wieder eine spannende Herausforderung. Langeweile absolut ausgeschlossen. Für Monika Gysel ist es selbstverständlich, sich auch spartenübergreifend Vorstellungen anzuschauen. Und mehrfach »eigene« Stücke zu sehen: »Jedes Stück bewegt sich, verändert sich eigentlich an jedem Abend.«
Mit Texten im Programmheft will sie dem Publikum zwar den Zugang erleichtern, aber keine fertige Interpretation liefern. Monika Gysel: »Die Stücke sollen die Zuschauer erreichen und berühren und sie nachdenken oder lachen lassen.« Schrecklich würde sie es finden, wenn ein Stück quasi vergessen ist, kaum dass der Besucher das Theater verlassen hat.

Artikel vom 01.10.2005