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An der Sonnenuhr einmal
die Seele baumeln lassen

FH-Projekt nimmt das Thema Zeit unter die Lupe

Von Jürgen Rahe (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Die Atomuhr am Handgelenk vergessen und statt dessen zurück zu den Wurzeln, als die Menschen im Rhythmus der Natur lebten. Unter diesem Motto ist jetzt an der Fachhochschule Bielefeld, Am Stadtholz 24, ein beeindruckendes Sonnenuhr-Projekt realisiert worden.

FH-Professor Dr. Horst Langer (63) machte gestern bei der Präsentation der Uhr deutlich, dass man sich an der FH im technischen Studiengang eben nicht nur mit dem Thema Technik befasse, sondern auch durchaus aufgeschlossen anderen Bereichen zuwende. Etwa dem Thema Sonnenuhr.
Und hier war der Professor gleich in seinem Element. Er warf vor geladenen Gästen und den am Sonnenuhr-Projekt beteiligten Studenten die Frage auf, was Zeit in der heutigen schnelllebigen Welt eigentlich sei. Langer: »Diese Frage kann nach meiner Meinung niemand vernünftig beantworten. Denn mit dem, was zum Beispiel Einstein sagte, ÝZeit ist das, was wir an der Uhr ablesenÜ, kann ich überhaupt nichts anfangen. Vielmehr ist für mich Zeit etwas, was meine Seele wahrnimmt - denken Sie an das lange Warten beim Zahnarzt oder die flugs vergangene Liebesnacht.«
Schon hatte sich der Kreis geschlossen. Denn bevor es die ersten Kalender und Uhren gab, orientierten sich die Menschen an regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen: Wechsel von Licht und Dunkelheit, Mond und andere Gestirne, Überschwemmung von Flüssen oder jahreszeitliche Winde. Und: Natürlich diente die Sonne den Menschen schon immer als ein Maß für die Zeit. Sie erfanden eine Vielfalt von Sonnenuhren, mit deren Hilfe sie die Zeit ablesen wollten.
Die 13 beteiligten FH-Studenten waren begeistert, als sie die Idee von Professor Langer aufnahmen und unter seiner Leitung im Studiengang Produktentwicklung eine »lebendige Sonnenuhr« vorm FH-Gebäude in die Tat umsetzten.
Das Besondere an dem Zeitmesser: Schattenwerfer ist kein Stab, sondern in aller Regel der menschliche Arm. Langer schmunzelnd: »Ein gewollter Effekt, denn auf diese Art und Weise entsteht Aktion. Eine gute Voraussetzung, zwischenmenschliche Kontakte zu knüpfen und anregende Gespräche zu führen.«
Beteiligt am Projekt im Sommersemester 2005 sind diese Studierenden: Olga Arne, Carsten Blichmann, Serdar Gebedek, Jörn Gehle, Swetlana Gusljakow, Dennis Haßler, Christian Horst, Jörg Kammermann, Verena Schatte, Antje Kempker, David Rempel, Tobias Sander und Andreas Wedel. Einmal kräftig durchatmen und an der Sonnenuhr eine kleine Pause einlegen, können alle Bürger, sagt Professor Langer. Ein paar Bänke laden zudem zum Verweilen an der Sonnenuhr ein.

Artikel vom 30.09.2005