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Elf Gliniars' müsst Ihr sein

Tabelle lügt nicht: VfB Fichte hat den Abstiegskampf eingeläutet

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Was ein mickriges Törchen doch ausmachen kann. Lippstadts Trainer Arndt Hundertmark schaute nach dem zweiten Auswärtssieg stolz und mit blitzenden Augen in die Runde wie ein Lausbub, der gerade sein erstes Taschenmesser geschenkt bekommen hatte. Nebenan sein »wahnsinnig trauriger« VfB Fichte-Kollege Holger Wortmann (»Ich lebe und sterbe für Fußball und hinterfrage mich permanent selber«), den nach der neuerlichen 0:1-Pleite die bittere Erkenntnis plagte: »Nach neun Spieltagen lügt die Tabelle nicht«.

Und die weist den Oberligisten von der Rußheide als Vorletzten aus (Marketing-Geschäftsführer Dirk Starke: »Die Situation ist unbefriedigend, aber da gehören wir momentan vom Leistungsstand auch hin«), der gleich zwei aktuelle Minusmarken hält: Als einzige Mannschaft im heimischen Stadion noch sieglos, dazu mit sechs erzielten Treffern vorne so harmlos wie kein anderer. Warum das so ist, bekamen die knapp 200 auch am Mittwochabend wieder auf dem Silbertablett serviert.
Die Mannschaft bekam gestern trainingsfrei, »um die Köpfe frei zu bekommen«. Und in der heutigen Nachbesprechung soll sachlich analysiert werden, was funktioniert hat und was nicht. Auf jeden Fall irren sie beim VfB Fichte »nicht im Nirwana herum«, wie Wortmann versichert. Der Denkansatz, der Besserung bringen soll, scheint gefunden. Dirk Starke: »Wenn das 0:1 etwas Positives bewirkt haben kann, dann ein Hallo Wach-Erlebnis. Die Erkenntnis für jedermann, dass bei uns ab sofort der Abstiegskampf eingeläutet worden ist. Das ist bisher wohl nicht in jedem Kopf bewusst gewesen. Die Kunst ist jetzt, mit diesem neuen Wissen die richtigen Schlüsse für den Klassenverbleib zu ziehen«.
Dafür gelte es, die alten Tugenden zu wecken; jene Qualitäten, die den VfB Fichte seit Jahren in der vierten Spielklasse auszeichnen. »Unglaublich emotional zu Werke gehen, sich der Sache VfB Fichte verpflichtet zu fühlen«, erinnert Starke, der weiterhin »super optimistisch« in die Zukunft blickt. »Weil ich von der Qualität aller Beteiligten überzeugt bin«. Ein Satz, den er nicht so einfach dahersagt. »Ich bin bei jedem Training, bei jeder Besprechung dabei. Ich klebe förmlich an der Mannschaft«, weiß er um das Wohl und Wehe der Protagonisten.
Mit welchen Mitteln und Methoden der Abstiegskampf in der Oberliga erfolgreich angenommen werden muss - und wenn sie noch so limitiert scheinen - hat der SV Lippstadt zuletzt zwei Mal praktiziert: Hinten dicht machen, und vorne hilft der liebe Gott.
Holger Wortmann wird jetzt »die Zügel anziehen« und bei seinem Personal künftig noch verstärkter darauf achten, »wer sich mit dem Verein richtig identifiziert«. Des Trainers Faustregel vom Mittwoch: »Mit elf Gliniars' hätten wir nicht verloren. Der Junge lebt den VfB Fichte und lässt sich nicht unterkriegen«.
Wortmanns Denkansatz: »Es heißt Abstiegskampf und nicht Abstiegsspiel. Die Mannschaft spielt wie ein Tabellenachter. Wir sind aber Vorletzter. Im Moment sind andere Sachen gefragt als unser überragendes spielerisches Potenzial. Wir müssen den Hauklotz rausholen. Es muss ein Ruck durchs ganze Team gehen«.

Artikel vom 30.09.2005