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Nächstes Jahr mehr Geld in der Lohntüte

Bundesagentur will Beitrag senken

Nürnberg/Bielefeld (WB/kol/dpa). Überraschend hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) gestern eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Juli kommenden Jahres in Aussicht gestellt. Arbeitnehmer wie Unternehmen würden damit um insgesamt etwa 3,7 Milliarden Euro jährlich entlastet.

Der Beitragssatz solle um 0,5 Prozentpunkte auf 6 Prozent sinken, kündigte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise an. Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2500 Euro sparten Arbeitgeber und Arbeitnehmer pro Monat jeweils 6,25 Euro. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung müssen in den alten Bundesländern bis zum einem Jahreseinkommen von 62 400 Euro entrichtet werden. In dieser Höchststufe würde die Senkung dem Arbeitnehmer 13 Euro pro Monat mehr in der Lohntüte bescheren und den Arbeitgeber um denselben Betrag entlasten.
Die Bundesagentur will damit Einsparungen unter anderen bei Aus- und Fortbildungen weitergeben. Die Senkung könne die BA aus eigener Kraft auf Grund von Effizienzgewinnen und der vom kommenden Jahr an vorgezogenen Beitragszahlungen ermöglichen, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Eine Minderung über die angekündigten 0,5 Prozentpunkte hinaus sei ohne eine Änderung gesetzlicher Vorschriften aber nicht möglich. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement bezeichnete das Vorhaben als realistisch.
Die Union hatte im Wahlkampf eine Absenkung des Beitragssatzes um zwei Punkte angekündigt. Sie wollte dies mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent und Einsparungen bei der BA finanzieren. In den Gesprächen zwischen Union und SPD über die Bildung einer großen Koalition ist die Mehrwertsteuererhöhung nach Clements Worten noch kein Thema gewesen.
Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen in Bielefeld begrüßte gestern die Beitragssenkung, die aber nur ein erster Schritt zur Verringerung der Lohnnebenkosten sein könne. »Damit würden die Arbeitgeber zumindest in geringem Umfang entlastet. Auch die Arbeitnehmer hätten etwas mehr Geld in der Tasche, spürbare Auswirkungen auf den Konsum hat das jedoch nicht«, sagte IHK-Geschäftsführer Christoph von der Heiden. Hinzu komme, dass ein Teil der Senkung durch vorgezogene Beitragszahlungen finanziert werden solle. Unter dem Strich komme nichts für Unternehmen heraus.
Clement räumte gestern zugleich ein, dass die Ausgaben für das neue Arbeitslosengeld II alle Erwartungen sprengten. Der ursprüngliche Ansatz von 14 Milliarden Euro werde sich voraussichtlich nahezu verdoppeln. Der Bund werde über die bereits im Sommer nachgeschossenen acht Milliarden Euro nochmals bis zu 3,5 Milliarden Euro aufwenden müssen, um die Zahlungen sicherzustellen.
Die Zahl der Erwerbslosen ist im September um 79 000 auf 4 ,65 Millionen gesunken. Die Arbeitslosenquote ging um 0,2 Punkte auf 11,2 Prozent zurück.
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Artikel vom 30.09.2005