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Mit 59 Jahren EM-Titel geholt

Schwimmerin Ingeborg Seidel war in Stockholm in ihrem Element

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Die frischgebackene Europameisterin ist nicht so recht zufrieden: »Ich war schlecht. Aber die anderen waren noch schlechter«, sagt Ingeborg Seidel trocken. Immerhin hat die Schwimmerin bei den jüngsten Schwimm-Europameisterschaften in Stockholm über 200-Meter-Brust in ihrer Altersklasse den Titel geholt.

Ihre Altersklasse, das ist die der 55- bis 59-Jährigen. Gegen etwa 30 andere Schwimmerinnen aus ganz Europa hat sich die Bielefelderin durchgesetzt - und merkt gleichwohl an, dass sie bei den Deutschen Meisterschaften in Köln schneller war. Den Titel hat sie auch geholt - natürlich, möchte man sagen. Ingeborg Seidel aber wiegelt ab: »Wir wechseln uns beim Siegen immer mal ab.« Ihre größte Konkurrentin - national und international - kommt aus Berlin.
An den Start geht die 59-Jährige Arztsekretärin an den Städtischen Kliniken für den SSF Bonn: »Ich bin über gute Bekannte dorthin gekommen. Und ob ich zu den Wettkämpfen von Bielefeld oder Bonn aus starte, ist letztlich egal - zumal ich ohnehin allein trainiere.« Optimale Trainingsbedingungen findet sie im Elixia vor: Hier stärkt sie gezielt ihre Muskulatur, vor allem aber weiß sie das Schwimmbecken zu schätzen: Es bietet quasi immer freie Bahn. Drei- bis viermal in der Woche schwimmt sie hier ihre 3000 Meter.
Die »Königsdisziplin« der Schwimmerin ist eigentlich Schmetterling, ein kraftraubender Stil. Neben dem Titel der Europameisterin im Brustschwimmen hat sie mit der Bonner Damen-Lagenstaffel in der »AK 240« (addiert mehr als 240 Jahre) auch eine Bronzemedaille geholt: als Dritte, die im »Schmetterling« durch das Wasser pflügte. »Eigentlich schwimme ich aber alles, wenn auch Kraul am wenigsten gerne.«
Zum Schwimmen ist Ingeborg Seidel schon im Vorschulalter gekommen, zu Wettkämpfen im Verein tritt sie seit 1959 an. »Viele Jahre habe ich aber nichts gemacht und nur als Trainerin am Beckenrand gestanden«, erzählt sie. Das reichte ihr Anfang 1998 nicht mehr, und sie wechselte wieder zu den Aktiven. Wieviele Titel, Pokale und Medaillen sie seitdem geholt hat, weiß sie nicht: »Das ist nicht mehr so wichtig. wichtiger ist die Bestätigung für einen selbst.«

Artikel vom 29.09.2005