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Der »beste Mann« verlässt den Club

Marc-Oliver Sommer wechselt von Bertelsmann zum Essener Karstadt-Quelle-Konzern

Von Stephan Rechlin
Gütersloh/Essen (WB). Der Club Bertelsmann verliert seinen »besten Mann«. Mit diesem Titel wurde Marc-Oliver Sommer (43) im Dezember auf den Posten des Club-Geschäftsführers berufen. Nach nur neun Monaten verkündet Sommer nun seinen Wechsel zum Karstadt-Quelle-Konzern. Dort soll er vom kommenden Jahr an den Versandhandel Neckermann und Quelle sanieren.
Der Sanierer wechselt das Schiff. Buchclub-Geschäftsführer Marc-Oliver Sommer geht zu Karstadt-Quelle und soll dort die Versandhandelssparte Neckermann-Quelle auf Kurs bringen. Foto: Wolfgang Wotke
Neun Monate haben Sommer gereicht, um sich den Ruf eines erfolgreichen Sanierers zu erwerben. Dem unter Umsatz- und Mitgliederschwund leidenden Bertelsmann-Club verordnete er eine Rosskur mit allen bitteren Medikamenten: Personalabbau, Arbeitszeit-Verlängerung, Gehaltseinbußen, Umzügen. »Ich bedauere es, dass sich Marc-Oliver Sommer entschlossen hat, unser Unternehmen zu verlassen«, teilte Ewald Walgenbach, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Direct Group, seinen Angestellten gestern mit. Mit ihm sei der deutsche Club wieder auf ein stabiles Fundament gestellt worden.
»Wir sind überrascht und enttäuscht«, fasst Heinz Willikonsky, Betriebsratsvorsitzender des Clubs in Rheda-Wiedenbrück, die Reaktion der Belegschaft zusammen. Zu Sommer sei in schwieriger Zeit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut worden, das nun erst einmal verloren sei. »Es fällt mir schwer, nach so vielen Jahren die Direct-Group zu verlassen«, wird Sommer in einer Pressemitteilung des Clubs zitiert. Sommer, Schwiegersohn des ehemaligen Bertelsmann-Konzernchefs Mark Wössner, trat 1992 bei Bertelsmann ein. Die Neugestaltung des Karstadt-Quelle-Konzerns stelle für ihn eine der anspruchsvollsten unternehmerischen Aufgaben dar, die es derzeit in Deutschland gebe. Beim Club war Sommer bei einem Jahresumsatz von 360 Millionen Euro für 1500 Mitarbeiter verantwortlich; bei Karstadt-Quelle werden es 33 800 Mitarbeiter bei einem Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Euro sein.
Mit dem Spanier Fernando Carro (41) präsentiert Ewald Walgenbach bereits den Nachfolger Sommers beim deutschen Club. Carro lernte bei BASF in Barcelona und studierte als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung Wirtschaftsingenieurswesen an der Technischen Universität Karlsruhe. Über das Zentrale Nachwuchsprogramm trat er 1993 bei der Bertelsmann AG ein. Nach verschiedenen Stationen im Konzern übernahm er 2001 die Leitung des spanischen Buchclubs »Cirulo de Lectores«, der - wie der deutsche Club - von Reinhard Mohn persönlich gegründet worden war. Nach dem französischen ist der spanische Buchclub der ertragstärkste in der Direct-Group - ihm gehört unter anderem der spanische König Juan Carlos an. Neuer Geschäftsführer des französischen Buchclubs wird Jörg Hagen (44).
»Fernando Carro wird die strategische Neuausrichtung des Clubs konsequent fortsetzen«, kündigt Ewald Walgenbach an. Er werde vor allem das Angebotsprofil weiter schärfen. Geschäftssitz Carros ist Berlin. Von dort aus wird er auch weiterhin den spanischen Buchclub leiten.
Leichter wird das Leben für Marc-Oliver Sommer in Fürth und Frankfurt am Main auf keinen Fall. In diesen beiden Städten ist der Universalversand Deutschland von Quelle und Neckermann beheimatet. Mit annähernd 50 Prozent trägt diese Sparte den höchsten Anteil am Gesamtumsatz des Karstadt-Quelle-Konzerns - und bereitet ihm die größten Sorgen. Wegen der Schieflage musste der Konzern seine Ergebnisprognose von 500 Millionen auf 350 Millionen in diesem Jahr reduzieren. Fünf Versandhandelsvorstände hat Thomas Middelhoff allein in diesem Jahr bereits entlassen. Mit Sommer wählte er einen alten Bekannten aus seiner Gütersloher Zeit zum Nachfolger.

Artikel vom 29.09.2005