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Afghanistan-Einsatz verlängert

Zahl der Bundeswehr-Soldaten wird auf 3000 erhöht - Selbstmordanschlag

Berlin/Kabul (dpa). Der Bundestag hat gestern den gefährlichen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in großer Eintracht ausgeweitet und gleichzeitig um ein Jahr verlängert.
Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sowie Redner von Union und FDP betonten gestern in der letzten Sitzung des alten Bundestags, ohne die internationalen Schutztruppe ISAF und die Beteiligung deutscher Soldaten liefe Afghanistan Gefahr, wieder zu einer Brutstätte für Terrorismus werden.
Fast zeitgleich sind gestern bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul neun Menschen getötet und 18 weitere verletzt worden. Die Autobombe sei vor einem Ausbildungszentrum der afghanischen Armee explodiert, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, General Sahir Asimi. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam erklärte, unter den Opfern seien keine deutschen Soldaten und auch keine Mitglieder der Brigade der internationalen Schutztruppe ISAF. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag.
Struck sagte in der Sondersitzung weiter: »ISAF ist kein Kriegseinsatz, sondern eine Friedensmission.« So wahre der Bundeswehreinsatz, der ein hohes Risiko für die Soldaten berge, auch Deutschlands Sicherheit. Der Minister erinnerte an die 17 deutschen Soldaten, die in dem bisher fast vierjährigen Einsatz ums Leben kamen.
Nach dem neuen Mandat wird die Bundeswehr als bereits größte Truppenstellerin der ISAF die Zahl ihrer Soldaten von 2250 auf 3000 erhöhen und an einem weiteren Standort die Arbeit der Wiederaufbauteams im Norden des Landes koordinieren. Ferner können deutsche Soldaten bald im ganzen Land - auch im bisher von den USA überwachten unsicheren Osten - eingesetzt werden, wenn die ISAF dort Truppen stationiert hat. Das bis zum 13. Oktober laufende Mandat wurde um ein Jahr verlängert. Die Kosten betragen 319 Millionen Euro.
535 Abgeordnete stimmten für diese Ausdehnung des Einsatzes unter NATO-Dach, 14 dagegen, vier enthielten sich. Unter den Gegnern ist auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sowie die beiden Abgeordneten der Linkspartei, Gesine Lötzsch und Petra Pau. Letztere warf der noch amtierenden rot-grünen Koalition vor, weiter auf dem »Kriegspfad« zu bleiben. Ströbele sagte, für die Mission sei keine Ausstiegsstrategie, sondern vielmehr eine »Eskalation der Bundeswehreinsätze in Afghanistan« in Sicht.
Fischer sagte in seiner letzten Bundestagsrede in dieser Funktion, die Ausdehnung des Einsatzes sei nicht Ausdruck einer Krise. »Es ist das Gegenteil.« Das hätten die ersten Parlamentswahlen in Afghanistan seit 36 Jahren gezeigt. Den Grünen zufolge wäre ein Abzug der Bundeswehr als größte und in der afghanischen Bevölkerung besonders angesehene Truppe ein Rückschlag für die Handlungsfähigkeit der ISAF und damit auch der UN.
Deutschland wird sich mit bis zu zehn Beobachtern an einer EU-geführten zivilen Mission zur Überwachung des Friedensabkommens in der indonesischen Unruheprovinz Aceh beteiligen. Das hat das Bundeskabinett beschlossen. Die Mission ist auf sechs Monate begrenzt und soll den Rückzug indonesischer Truppen und die Entwaffnung der Rebellen beobachten. Insgesamt beteiligen sich 220 Experten aus der EU und dem südostasiatischen Staatenbündnis ASEAN am Einsatz. An der Mission beteiligen sich zehn EU-Länder. Von den ASEAN-Staaten sind Thailand, Singapur, Brunei, Malaysia und die Philippinen dabei. Von deutscher Seite können auch fünf unbewaffnete Soldaten in Zivil entsandt werden. Die meisten Mitglieder des deutschen Kontingents sind schon vor Ort.

Artikel vom 29.09.2005