29.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hain verspricht Emotionen

Fan- und Mitgliederabend des DSC: Diskussionen um Trainer von Heesen

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Erst die Aussprache vor dem Dienstagtraining, dann der Fan- und Mitgliederabend: Bei Arminia Bielefeld wird in diesen Tagen wirklich Klartext geredet. Im VIP-Raum der SchücoArena klagten die Anhänger den DSC-Verantwortlichen ihr Leid.

Und wie. Ein paar Beispiele: »Ich habe den Eindruck, wir haben eine sehr leblose Mannschaft diese Saison.« Oder: »Ich gehe seit 25 Jahren auf die Alm. Aber so einen schlechten Sturm wie im Spiel gegen Mönchengladbach habe ich noch nie erlebt.« Oder: »Ich würde von den anwesenden Fans gern wissen, wer Thomas von Heesen den Klassenerhalt zutraut?«
Starker Tobak. Allen voran ein sehr bestimmt und ungewohnt laut argumentierender Co-Trainer Frank Geideck, aber auch Kapitän Mathias Hain und Sportchef Reinhard Saftig zeigten Reaktionen. Hains Konter zur Leblos-Kritik: »Die Mannschaft steckt voller Emotionen. Sie lebt. Das wird sie in Leverkusen auch zeigen. Das verspreche ich euch.«
Reinhard Saftig fühlte sich zur Stürmer-Schelte auf den Plan gerufen: »Ich muss jetzt mal eine Lanze für Isaac Boakye brechen. Die Offensive besteht nicht nur aus dem Stürmer. Auch Mittelfeld- und Abwehrspielern ist es nicht verboten, Tore zu schießen.«
Deutlich offensiver als die Arminia-Spieler zuletzt auf dem Fußballplatz wurden die DSC-Offiziellen, als unter den Anhängern die Debatte um Trainer von Heesen losbrach. Saftig haute richtig dazwischen: »Wenn wir jetzt eine Trainerdiskussion anfangen, können wir direkt einpacken. Die wird's so lange ich hier etwas zu sagen habe, auch nicht geben.«
Auch Frank Geideck hielt es für unangebracht, seinen Cheftrainer in Frage zu stellen. Er argumentierte: »Gegen Gladbach und zuvor in Dortmund haben wir katastrophal gespielt, gar keine Frage. Aber keiner macht absichtlich Fehler. Viele Spieler sind in ihrem ersten Bundesligajahr, die werden ihr Potenzial irgendwann abrufen.« Und Geideck stellte klar: »Das soll keine Entschuldigung sein, nur Ursachenforschung.«
Kapitän Mathias Hain gab an, die ganze Mannschaft stehe »zu einhundert Prozent hinter Thomas von Heesen«. Und sogar Roland Kentsch ist der Meinung, der sportlichen Leitung müsse Respekt gezollt werden. »Mehr als um den Klassenerhalt zu spielen«, so der Finanzchef, »ist in Bielefeld mit unserem kleinen Stadion nicht drin«. Für Präsident Hans-Hermann Schwick steht fest: »Wir stehen vor dem achten Spieltag, haben also noch die Chance, die Kurve zu kriegen. Ich bin überzeugt, dass wir das mit Thomas von Heesen hinkriegen werden.«
Hain war von allen Arminen derjenige, der sein Verständnis für den Unmut vieler Fans am deutlichsten ausdrückte: »Bis zu meinem Profidebüt habe ich bei Eintracht Braunschweig auch auf der Tribüne gestanden. Darum kann ich nachvollziehen, dass ihr unzufrieden seid. Wir werden uns bis zum letzten Spieltag den Hintern aufreißen. Und so, wie ich die Jungs kenne, werden wir dann ein Fass aufmachen. Wir wollen den Klassenerhalt nicht nur für uns, sondern auch für euch und den Verein.«
Damit die Lippenbekenntnisse nicht wie Seifenblasen zerplatzen und aus Mannschaft und Fans wieder eine Einheit wird, kennt ein Anhänger das Rezept: »Hundert Prozent Leidenschaft waren zuletzt nicht zu erkennen. Wir erwarten gar keine Traumpässe von euch. Aber wir erwarten hundert Prozent Einsatz für unseren Klub. Dann ist es auch egal, ob ihr 0:2 gegen Stuttgart verliert. Ihr müsst nur alles geben, dann unterstützen wir euch auch.« Zur Erinnerung: Vergangene Saison erlebte die SchücoArena bei besagter Heimniederlage gegen den VfB ihr stimmungsvollstes Spiel. Weil nicht nur die Arminen auf den Rängen, sondern auch die auf dem Rasen bis an ihre Grenze gingen.

Artikel vom 29.09.2005