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»Offenbarungseid«

Oberliga: VfB Fichte - SV Lippstadt 0:1 (0:0)

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). »Das war ein absoluter fußballerischer Offenbarungseid«, zürnte Holger Wortmann nach der fünften Saisonniederlage. Der Trainer des Oberligisten VfB Fichte bezeichnete das, was seine hilf- und ideenlosen Schützlinge beim gestrigen 0:1 (0:0) gegen den SV Lippstadt boten, als »absolute Katastrophe«. Das Tor des Abends glückte dem kurz zuvor eingewechselten Christian Nargorniewicz in der 75. Minute.

Der taktische Schachzug, mit drei Spitzen anzugreifen - Gliniars als Speerspitze, flankiert von Belombo und Özdemir - entpuppte sich hinterher als »Eigentor«, wie Wortmann (»Das Experiment ist in die Hose gegangen«) angesichts der kargen echten Tormöglichkeiten ehrlicherweise zugab. »Wohlwollend vier« registrierte der Coach. Der Mut zur offensiven Variante ging auf Kosten eines klassischen »Zehners«, und prompt fehlte dem Spiel der Bielefelder eine ordnende Hand. So etwas wie eine Systematik war nicht zu erkennen, wohl aber die fehlende Bindung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen.
Weil rotgefährdet, musste Thorsten Meier in der 42. Minute Robert Mainka Platz machen. Mit einer Schrecksekunde ging die erste Halbzeit zu Ende: Ulf Rasch-ke entwischte Matthias Warnow, schoss aber weit übers Tor.
In Minute 49 forderten die VfB Fichte-Fans vergeblich einen Strafstoß; Reckordt hatte Möller gelegt. Özdemirs Schuss ging vorbei (50.). Die dickste Chance der Platzherren in der 65. Minute: Belombos Hereingabe von rechts lenkte Christopher Gliniars aus kurzer Distanz weiter; mit einem tollen Fußreflex.wehrte SVL-Keeper Milos Mandic den Ball zur Ecke ab. Einen schönen Spielzug über Mainka und Belombo köpfte schließlich Özdemir überweg (67.)!
Lippstadt kam gerade ein Mal vielversprechend vors Tor. Christian Nargorniewicz, gerade sieben Minuten im Spiel, mochte sich selbst gewundert haben, wieso er plötzlich am Ball war und im Anschluss an einen bereits bereinigten Ivicevic-Freistoß freistehend das 1:0 erzielen konnte (75.).
Die Partie wurde hektischer, Lippstadts Spieler fielen zunehmend theatralischer. Am Ende hastete selbst Yorck Bergenthal über den Platz in den Strafraum seines Kollegen - umsonst.
Lippstadt glückte der zweite 1:0-Auswärtsstreich in Folge. »Man hat gesehen, beiden Mannschaften steckte das Wasser bis zum Hals«, resümierte Trainer Arndt Hundertmark die kampfbetonte Partie. »Es hat nicht die bessere, sondern die glücklichere Mannschaft gewonnen. Es war ein Sieg der Moral«. Holger Wortmann fand nette Worte lediglich für den Gegner: »Lippstadt hat sich richtig gut verkauft und ins Spiel zurückgebissen«, gratulierte er zu einem »verdienten Sieg«.
Auf der Rußheide geisterte gestern das Abstiegsgespenst umher, musikalisch begleitet von grausigen Lippstädter Siegesgesängen. »Jeder einzelne muss sich hinterfragen, ob er wirklich alles gegeben hat«, machte Wortmann eine mangelnde Qualität aus.
Güven Aydin, zum letzten Mal wegen seiner Rotsperre zum Zuschauen verdonnert, humpelte auf Krücken durchs Stadion. Im Training hatte er sich unterhalb des Knies eine klaffende Fleischwunde zugezogen, die sich später entzündete. »Ich bin bis Ende nächster Woche krank geschrieben«, sagte der Abwehrchef traurig.
VfB Fichte: Bergenthal - Warnow, Rasic, Block, Meier (42. Mainka), Götting, Reitemeier, Möller, Özdemir, Belombo (78. Arlet), Gliniars.
Tor: 0:1 Nargorniewicz (76.).
Schiedsrichter: Stor (Herford).
Zuschauer: 200.

Artikel vom 29.09.2005