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Kirche verlangt Taufgebühr

Paderborner Gemeinde lässt sich Sakramentenspende bezahlen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Die angespannte Finanzlage zwingt die Katholische Kirche zur Erschließung neuer Einnahmequellen. Als erste der 790 Pfarrgemeinden im Erzbistum Paderborn lässt sich die Kirchengemeinde St. Heinrich und Kunigunde im Paderborner Stadtteil Schloß Neuhaus die Spende eines Sakraments bezahlen.

Der Kirchenvorstand hat praktisch die Wiedereinführung der sogenannten Stolgebühr beschlossen, die im Jahr 1215 von der Kirche abgeschafft worden war. »Die Leute müssen sich leider daran gewöhnen, dass das Serviceunternehmen Kirche nicht mehr kostenlos funktioniert«, so wirbt Pfarrer Peter Scheiwe (48) bei seinen etwa 10 000 Gemeindemitgliedern um Verständnis.
Eltern, die für ihr Kind eine Tauffeier möchten, werden vom kommenden Jahr an mit einer »Spende« von 70 Euro zur Kasse gebeten. Trauungen kosten dasselbe, Brautpaare, die nicht im Pfarrbezirk wohnen, zahlen sogar das Doppelte.
Umsonst ist nicht einmal der Tod: Künftig kommt ein »Requiementgelt« dazu. Zumindest, wenn es eine christliche Beerdigung mit eigenem Seelenamt für den Verstorbenen außerhalb der normalen Gottesdienstordnung sein soll. Bislang werden derartige Leistungen nicht extra berechnet. Mit der Spende seien lediglich die Kosten für den Küster und den Organisten gedeckt, erläutert der Seelsorger: »Den Priester, der von der Diözese bezahlt wird, kann ich noch kostenlos stellen, das Beiwerk nicht. Wer die Musik bestellt, muss auch dafür zahlen.«
Im Paderborner Generalvikariat stößt der Neuhäuser Vorstoß auf Skepsis. Man könne sich nicht vorstellen, dass so etwas Schule macht.« Sprecherin Claudia Nieser äußert sich zurückhaltend. Denkbar und üblich seien allenfalls freiwillige Spenden.
Die Erhebung einer Stolgebühr, abgeleitet von der Stola, die der Geistliche bei sakralen Handlungen trägt, ist bereits seit dem IV. Lateralkonzil im Jahre 1215 verboten. Die Spende eines Sakraments darf danach in der Katholischen Kirche nicht von einer Geldzahlung abhängig gemacht werden - was auch die Kongregation der Bischöfe 1982 noch einmal bekräftigte. Vor allem im Mittelalter war es immer wieder zu Missbrauch, wie dem Ablasshandel, gekommen.
In den 13 000 katholischen Pfarreien Deutschlands mit insgesamt 26,2 Millionen Gläubigen werden jährlich etwa 200 000 Taufen, 51 000 Trauungen und 270 000 Beerdigungen sakramental beurkundet.
Im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn würden dagegen Gebühren und Entgelte, etwa für Trauungen, generell nicht erhoben, erklärt Kirchenkreissprecherin Christiane Hartlieb. »Bei uns sind die Kosten für das Personal mit der Kirchensteuer abgegolten.«

Artikel vom 28.09.2005