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Wahlkampf auf dem Narrenschiff

Reinhard Mey ist nach drei Jahren wieder gut gelaunt auf Tournee


Von Dirk Schuster
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). So eine Chance lässt sich Reinhard Mey nicht entgehen. Wenn seine Tournee schon zeitlich mit der vorgezogenen Bundestagswahl korrespondiert, fühlt sich der selbst ernannte »'68er« selbstverständlich auf den Plan gerufen. Denkt er an den Kampf ums Kanzleramt, »habe ich vor meinem geistigen Auge immer das Bild der Titanic. Und ich sehe, wie Leonardo Di Caprio am Bug des Schiffes Kate Winslet die Arme ausbreiten lässt und stelle mir vor, wie Gerhard Schröder Angela Merkel« - Gelächter unterbricht den Liedermacher. Er stimmt die Gitarre und dann sein Lied vom Narrenschiff an.
Drei Jahre sind vergangen, seit der 62-Jährige in der Bielefelder Stadthalle sang und spielte. Und obwohl es in der Zwischenzeit keinen besonderen Rummel um Reinhard Mey gegeben hat, stellte sich die Frage nicht, ob sein Konzert auch in diesem Jahr ausverkauft sein würde.
Weil der Auftritt nicht unmittelbar seinem neuesten Album folgte, hatte Mey eine Auswahl seiner schönsten und erfolgreichsten Stücke mitgebracht. »Über den Wolken«, auf Konzerten sonst ausgespart, trug er ebenso gut gelaunt vor wie den Klassiker »Annabelle, ach Annabelle«.
Die meisten Konzertlieder sind seinem aktuellen Studioalbum »Nanga Parbat« - das Titellied über den tragischen Tod des Messner-Bruders Günter beim Abstieg des nackten Bergs war ein Höhepunkt des Konzerts - entliehen. Einen Titel sang Mey auf französisch. »Ich liebe Dich - Sie werden nie darauf kommen, wie der Titel in der Übersetzung heißt«.
»Douce France« heißt Meys jüngstes Album in französischer Sprache. Wer über seine großartige Texte schon vergessen hatte, was für schöne Melodien der Berliner schreibt, konnte sich - sofern dem Französischen nicht oder kaum mächtig - bei »Je t'aime« daran erinnern lassen.

Artikel vom 27.09.2005