27.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bekannte ausgenommen
wie die »Weihnachtsgänse«

Prozessauftakt gegen eine notorische Serienbetrügerin

Bielefeld (hz). Luxusvilla für 2600 Euro Monatsmiete, Nobelküche für 44 000 Euro, Wasserbett und Schlafzimmermöbel für 10 183 Euro. Boutiquenbetreiberin Kornelia H. (55) liebt, was exklusiv und teuer ist. Nur in einem Punkt ist die Bielefelderin äußerst nachlässig - sie bezahlt ihre horrenden Rechnungen einfach nicht.

Deswegen steht die notorische Serienbetrügerin seit gestern vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichtes. Staatsanwalt Rolf Richter wirft der gebürtigen Polin, die bis zur Verhaftung am 14. April dieses Jahres am Niederwall ein nobles Modegeschäft betrieben hat, gewerbsmäßigen Betrug und Diebstahl in 46 Fällen vor. Im Klartext: Kornelia H., deren Vorstrafenregister bereits sieben Verurteilungen wegen Betruges, Untreue und Unterschlagung aufweist, nahm vorzugsweise gut situierte Herren älteren Semesters aus wie die sprichwörtlichen Weihnachtsgänse. Das letzte Urteil des Amtsgerichtes Bielefeld datiert vom 18. Mai 2004 - wegen Betruges und Unterschlagung gab es zwei Jahre zur Bewährung.
Insgesamt, so steht es in der Anklage, soll die zur Zeit in Untersuchungshaft sitzende 55-Jährige Privatdarlehen von knapp 208 000 Euro ergaunert haben. Neben den unbezahlten Rechnungen für Villamiete, Nobelküchen- und Möbelkauf soll die Bielefelder Geschäftsfrau noch die Sparbücher eines ehemaligen nahen Bekannten und deren mittlerweile verstorbenen Mutter geplündert haben. Dabei fielen Kornelia H. nach Angaben der Staatsanwaltschaft etwa 66 000 Euro in die Hände. Fazit von Staatsanwalt Rolf Richter: »Die Angeklagte hat bis heute keinen Cent zurückgezahlt!«
Dafür will die 55-Jährige laut Erklärung ihres Anwaltes Dr. Holger Rostek am Donnerstag beim zweiten Prozesstag ein umfassendes Geständnis ablegen. Bereits gestern zum Auftakt der insgesamt dreitägigen Verhandlung räumte der Verteidiger ein, dass die Vorwürfe der Anklage »bis auf den Cent genau« stimmen würden. »Die Gelder sind an meine Mandantin geflossen«, so Dr. Rostek.
Dabei gaukelte Kornelia H. ihren Herrenbekanntschaften vor, dass sie in ihrem Geburtsland Polen umfangreichen Grundbesitz im Wert von 800 000 Euro zu verkaufen gedenke. Die Privatdarlehen benötige sie zum Begleichen von Grundstücks- und Erbschaftssteuer, sonst könne sie das von den Eltern vermachte Erbe nicht antreten. Die Herren glaubten dieses Märchen der Angeklagten offenbar gerne - allein von einem Bekannten kassierte Kornelia H. zwischen Juni 2002 und Oktober 2003 177 000 Euro.

Artikel vom 27.09.2005