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Von einem, der früh starb -
und zur Legende wurde

Vor 50 Jahren verunglückte James Dean - unsterblich mit drei Filmen

Von Ingo Steinsdörfer
Los Angeles (WB). Was muss ein Künstler tun, um unsterblich zu werden? Ein Rezept wäre, nach frühem Erfolg spektakulär ins Jenseits zu wechseln. Auf eine Art möglichst, die in Einklang mit dem bis dahin erworbenen Image steht. Wie James Dean. Als der zornige junge Mann des amerikanischen Nachkriegsfilms am 30. September 1955 in den Fetzen seines nagelneuen Porsche-Spiders zur Legende wurde, war er gerade 24 Jahre alt.

Er selbst erlebte nur die Premiere eines einzigen seiner drei Filme, die heute, 50 Jahre nach Deans Tod, allesamt Kult sind: »Jenseits von Eden« kam 1954 in die Kinos.
Star-Regisseur Elia Kazan, der zuvor mit Marlon Brando den ersten jener jungen Wilden entdeckt hatte, die zum Schrecken der Elterngeneration wurden, besetzte die Rolle des rebellischen Cal mit dem leicht verschlagen wirkenden Burschen, der sich den Weg aus dem Dorf Fairmount im ländlichen Indiana ins legendäre New Yorker »Actors Studio« freigeboxt hatte. Auch Brando und Paul Newman, die anderen Stars seiner Generation, hatten dort das Schauspieler-Handwerk erlernt. Verzweifelt kämpft jener Cal um die Liebe seines strengen Vaters. Über Nacht wurde James Dean damit zum Idol der unverstandenen Teenager-Generation. Und lebte dabei doch nur sein eigenes Trauma auf der Leinwand nach. Bereits mit neun hatte James die geliebte Mutter verloren, der überforderte Vater gab ihn zu Verwandten.
Beinahe schon gespenstisch nah am eigenen Schicksal war Deans zweiter Film, der nur Tage nach seinem Unfalltod in die Kinos kam: In »Denn sie wissen nicht, was sie tun« (1955) von Nicholas Ray spielt er wieder den ebenso verletzlichen wie aggressiven Jugendlichen, der gegen die Eltern aufbegehrt. Als rebellischem Jim gelingt es ihm da noch, sich in letzter Sekunde aus dem Auto zu retten, bevor es über die Klippen in die Tiefe schießt und zerschellt...
»Giganten«, sein letztes Epos, gerade mal eine Woche vor Deans Tod abgedreht, wird ein Jahr zurückgehalten. Schon damals wussten die Filmbosse, was Publicity schafft. Jeder Tag des Wartens auf den Streifen ließ die Legende James Dean wachsen. Als der Film mit Elizabeth Taylor und Rock Hudson in weiteren Hauptrollen endlich in die Kinos kommt, ist der junge Draufgänger im Andenken seiner Fans bereits selbst ein Gigant. Immerhin erreicht ihr Idol in der dramatischen Familienchronik von Regisseur George Stevens ein Alter, das man ihm auch im wirklichen Leben - zumindest - gewünscht hätte. Dean steigt darin vom einfachen Farmarbeiter zum texanischen Öl-Tycoon auf. Dabei altert er um gut 40 Jahre - Mitte 60 wäre er so immerhin geworden.
»Der muss uns doch sehen und anhalten«, soll Dean seinem Beifahrer Rolf Wütherich, einem deutschen Porsche-Mechaniker, kurz vor dem Aufprall zugerufen haben. Gemeinsam waren sie am 30. September auf dem Weg zu einem Rennen im kalifornischen Salina, das James Dean mit dem gerade für gut 6000 Dollar erstandenen Sportwagen, den er »Little Bastard« getauft hatte, fahren wollte.
Das, was seine Filmpersonen ausmachte, war auch ein Teil seiner Persönlichkeit: Der junge Star war aufbrausend, konnte sich überaus begeistern, übertrat die Regeln. Er war in diesen letzten Minuten vor allem begeistert von seinem neuen Porsche. Und er fuhr natürlich zu schnell. Als der 23 Jahre alte Student Donald Turnupseed mit seiner schwerfälligen Ford-Familienkutsche in die Kreuzung von Highway 46 und Highway 41 nahe der Ortschaft Cholame einfuhr, hatte er die blitzschnelle silberne Flunder wohl wirklich übersehen. Er und Mechaniker Wütherich überlebten. James Dean war auf der Stelle tot - Genickbruch.
Zur 50. Wiederkehr des Todestages hat der kalifornische Senat den bislang namenlosen Unglücks-Flecken »James Dean Memorial«-Kreuzung getauft. Die Dorfkneipe von Cholame, mit Souvenirs und Fotos längst zur inoffiziellen »James Dean Gedenkstätte« geworden, plant am 30. September ein Grillfest und eine Autoshow. Geschmacklos? Oder einfach genauso furchtbar beiläufig wie das Schicksal, das den jungen Heißsporn ereilte? In dessen Heimatort Fairmounts dagegen wird eine Lichterkette von der Kirche bis zum Grab an den früh zum Olymp Aufgestiegenen erinnern.
Auch anderswo in der Welt wird die Legende gefeiert - in Düsseldorf zum Beispiel mit der Ausstellung »Ikone, Kult, Legende, Mythos: James Dean« im NRW-Forum Kultur und Wirtschaft. Bis zum 20. November sind dort Arbeiten des »Magnum«-Fotografen Dennis Stock zu sehen, der den Schauspieler in den 50er-Jahren an prägende Orte seit der Kindheit begleitet hatte.
74 Jahre alt wäre James Dean heute. Noch immer Rebell? Oder emeritierter Multimillionär in den Bergen von Malibu? Noch immer am Set? Oder vergessen, weil die Karriere irgendwann in die Brüche ging? Unnütze Fragen. James Dean ist der, der zu Weltruhm kam, weil er drei supergute Filme drehte und dann für immer genau so jung und schön und unangepasst abtrat, wie er auf der Bühne erschienen war.
Oder, wie es Humphrey Bogart (der immerhin 58 und »trotzdem« unsterblich wurde) pointierte: »Dean starb gerade zum richtigen Zeitpunkt«.
l Die ARD erinnert an diesem Freitag, 23.30 Uhr, mit dem Portrait »James Dean: Mit Vollgas durchs Leben« an den Filmstar. Das ZDF zeigt in der Nacht zum Sonntag den Spielfilm »Denn sie wissen nicht, was sie tun«.

Artikel vom 28.09.2005