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 n Der Mitbewohner...


...ist merkwürdig

Kriss und Friedemann sind kein Paar. Und auch keine Freunde. Der einzige Grund, warum sie überhaupt in einer Beziehung zueinander stehen, ist Friedemanns Freundin. Sie wollte raus aus der gemeinsamen Bude - und Kriss schließlich rein, weil das Portemonnaie nichts Besseres zuließ. So fanden sie zwischen Nasszelle (man kann nämlich auch ganze Räume, in diesem Fall das Bad, als Dusche nutzen) und fensterloser Küche zusammen.
Ihr Mitbewohner, versicherte Kriss ihren Freundinnen, sei gar nicht so schlimm, wie es die Wohnung auf den ersten Blick vermuten lasse. Gut, hier und da vergesse er seine Sachen wegzuräumen. Und auch sein Musikgeschmack sei etwas gewöhnungsbedürftig. Aber sonst...
Die Freundinnen nahmen einen kräftigen Schluck Gelassenheit und begannen das Projekt »Bude begehen ohne zu lästern«. Tatsächlich: Friedemann hielt es mit der Ordnung nicht so genau. Schlimmer: Er blockierte die ganze Galerie - dort hätte noch ein dritter Mieter Platz gefunden - mit leeren Kartons. Im Bad bekam der unschuldige Gast sofort nasse Füße, in der Spüle begegnete ihm eine schwarze Schicht. Der Herr hatte weder gewischt noch geputzt. Und das, obwohl er sich doch sonst immer an seinen Plan halte, beteuerte Kriss.
Ihre Mädels dachten an Toleranz. Selbst dann noch, als Friedemann seinen dicken Zeh durch das Loch in der Socke präsentierte. Selbst dann noch, als er plötzlich in seinem Zimmer verschwand und nur noch Rauchwolken und Technolärm an ihn erinnerten. Dann aber nicht mehr, als der CD-Player »Tränen lügen nicht« spielte. Da log niemand mehr. Raus!
Laura-Lena Förster

Artikel vom 11.10.2005