26.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wahlkarte, Barschecks und
jede Menge Bauabfälle

Engagierte »Herbstputzer« beim Großreinemachen


Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Tüten, Teppichbodenreste, ganze Kabelbäume und Kartons. Zusammen mit Marianne Wächter und seiner Ehefrau Gabriele zeigt sich Stephan Bojanowski »putzmunter«. Kurz nach elf Uhr macht der 58-Jährige einen außergewöhnlichen Fund: Unter den Bögen des Viaduktes am Obersee entdeckt er vier komplett ausgefüllte Barschecks über je 500 Euro und persönliche Unterlagen eines Bielefelders. Das WB übergibt die Papiere der Polizei.
Samstag 9.45 Uhr. In den Auen am Obersee verschwindet der Morgennebel. Jogger und Walker ziehen ihre Bahn um den See. Auf einem Steg ein einsamer Angler. Auf dem Parkplatz am Viadukt bereitet Ruth Hamper ihre Sammelaktion vor. Die Mitarbeiterin des Umweltbetriebes hat Abfallsäcke dabei, Sammelzangen, Handschuhe und jede Menge Ratschläge für die eifrigen Helfer. »Zwei Stunden Zeit kann sich jeder nehmen und etwas für seine Umwelt tun«, sagt Eva Burghardt.
Die Hillegosserin hat deshalb nicht lange überlegt, sich sofort zur WB-Sammelaktion angemeldet und jetzt früh am Samstag, während in vielen Familien erst gefrühstückt wird, tatkräftige Unterstützung mitgebracht. Die Söhne Lars (5) und Jan Henning (7) sprühen vor Eifer, wollen endlich loslegen mit dem Einsammeln dessen, was viele Zeitgenossen meist achtlos seitwärts in die Büsche am Obersee geworfen haben. »Wir sammeln auch im Kindergarten«, berichtet Lars stolz.
Ruth Hamper freut sich über das engagierte Team. Kommunalpolitikerin Gabriele Schäfers-Wienecke muss für ihren Ehemann mit sammeln: »Der hat auf dem Stiftsmarkt zu tun.« Marianne Wächter aus Brake wandert viel und ärgert sich über die Berge wild entsorgter Abfälle. Axel Reimers und Ehefrau Johanna sind aus Ubbedissen gekommen. Das junge Paar hat den geplanten Einkaufsbummel verschoben: »Die zwei Stunden für unsere Landschaft gehen vor.«
Stephan Bojanowski, Maschinenbau-Techniker, hat sich auf die WB-Aktion regelrecht vorbereitet. Der 58-jährige hat die neuralgischen Punkte bereits notiert, geht zielstrebig zur Sache. Unter der Brücke in einem kleinen Wäldchen lokalisiert er die Reste einer Bürosanierung, wild entsorgt: Kabelisolation, Möbelteile, alter Teppichboden, dazu Kartons und Kästen mit allen erdenklichen Abfällen. Ruth Hamper ist verärgert: »Solche wilden Müllkippen haben wir immer häufiger. Viele sind verkehrsgünstig und ermöglichen es, unentdeckt zu bleiben.« Die Reifenspuren der »Anlieferfahrzeuge« sind noch zu erkennen im weichen Waldboden. Montag wird der Umweltbetrieb einen großen Lastwagen schicken. Ach ja: Zu den Fundsachen gehört auch eine Wahlbenachrichtung - nur die Adresse ist abgerissen. »Wem diese Stimme wohl fehlt«, schmunzelt Gabriele Schäfers-Wienecke.

Artikel vom 26.09.2005