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Weniger Schäden als befürchtet

Nach dem Abzug von »Rita« wächst die Angst vor Überschwemmungen

Houston/Washington (dpa). Nach Hurrikan »Rita« wächst im Südosten der USA die Angst vor Überschwemmungen und Tornados. Zu einem Tropischen Tief herabgestuft, zog »Rita« gestern von der Golfküste in nördliche Richtung.
Vielerorts standen die Straßen unter Wasser.

Vier Wochen nach dem katastrophalen Hurrikan »Katrina« hinterließ »Rita« nach Angaben des US-Katastrophenschutzes zwar erneut eine Spur der Verwüstung, richtete aber weit weniger Schäden an als befürchtet.
Mit meterhohen Flutwellen und sintflutartigen Regenfällen hatte »Rita« am Samstag in Texas und Louisiana die schwersten Überschwemmungen der vergangenen vier Jahrzehnte ausgelöst. Im US-Bundesstaat Mississippi starb ein Mensch durch einen Tornado, den »Rita« ausgelöst hatte. Mehrere Einwohner wurden verletzt. Mehr als 1,1 Millionen Menschen in Texas, Louisiana und Mississippi waren laut US-Energiebehörde gestern noch ohne Strom.
In Port Arthur in Texas wurden zwei Ölraffinerien durch die gewaltigen Winde, die bis zu 200 Kilometer pro Stunde erreichten, erheblich beschädigt. Nach ersten Expertenschätzungen dürfte »Rita« die Versicherungen und Rückversicherer in aller Welt drei bis sechs Milliarden Dollar kosten. Der Hurrikan verschonte die amerikanische Ölmetropole Houston und das Gebiet von Galveston in Texas, erste höhere Schätzungen konnten deshalb nach unten revidiert werden.
Das US-Wetteramt warnte für die Staaten Mississippi, Arkansas und Tennessee vor Tornados. Es werde ergiebige Regenfälle mit Windgeschwindigkeiten um 60 Kilometer in der Stunde geben.
Vier Wochen nachdem Hurrikan »Katrina« die Südstaatenmetropole New Orleans unter Wasser gesetzt hatte, standen die Fluten gestern erneut an einigen Stellen mehr als zwei Meter hoch.
Im Krisengebiet kam es zu dramatischen Szenen. Helfer berichteten, im Süden von Louisiana sei eine Mutter mit drei Kindern trotz der Evakuierungsaufrufe in ihrem Wohnwagen geblieben. Später sei ein Hubschrauber aufgestiegen. »Er hat den Wagen nicht mehr gefunden. Er war offenbar schon weggespült worden.« Ein junger Mann aus Esther (Louisiana) berichtete, dass er und sein Vater angesichts des rasant steigenden Wassers ein Loch ins Dach schossen, um freizukommen. Sie seien über den Highway zu Nachbarn geschwommen, wo sie von Helfern im Boot gerettet wurden.
»Rita« war bei Sabine Pass an der Grenze von Texas und Louisiana auf das Festland geprallt. Augenzeugen berichteten, der Sturm sei wie eine gewaltige Wasserwand über die Küste hereingebrochen. Gegenden um die texanische Stadt Beaumont sahen aus, als ob ein riesiger Bulldozer über Häuser und Bäume gefahren sei. Strommasten und alte Eichen knickten um wie Streichhölzer.
Die besonders schwer getroffene Stadt Lake Charles in Louisiana versank weithin in den Fluten. Hier brauchte »Rita« nur wenige Minuten, um verheerende Zerstörungen anzurichten. Die US-Armee will 500 Soldaten aus New Orleans abziehen und weitere 2400 Nationalgardisten in das Katastrophengebiet verlegen. US-Präsident George W. Bush appellierte an die insgesamt 2,7 Millionen Menschen, die vor »Rita« geflohen waren, vorerst in Sicherheit zu bleiben. Die Krisenregion war diesmal weitgehend evakuiert worden.
In Abbeville in Louisiana peitschte der Wind Wasser über die Dämme, die Flut stand örtlich mehr als drei Meter hoch. Rettungskräfte mussten mit Booten ausrücken, um Bewohner aus ihren Häusern zu holen. Nach Einschätzung der Helfer waren viele zu früh in die Stadt zurückgekehrt und wurden durch die Wassermassen überrascht. In mehreren Orten gingen Häuser in Flammen auf. In der Inselstadt Galveston, die ursprünglich im Fadenkreuz des Sturms gelegen hatte, zerstörten Brände mehrere historische Gebäude.

Artikel vom 26.09.2005