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Alle Ampeln ausgeschaltet

Grüne brechen Gespräche mit Union ab - große Koalition wahrscheinlich

Berlin (dpa/WB). In Deutschland ist eine »Ampel-Koalition« in weite Ferne gerückt. Nach einem ersten Treffen am Freitag haben Union und Grüne weitere Sondierungsgespräche und damit ein schwarz-grün-gelbes Bündnis ausgeschlossen. Eine rot-grün-gelbe Regierung hatte zuvor die FDP abgelehnt.

Damit konzentriert sich der Machtpoker jetzt auf ein Zusammengehen von Union und SPD. Bei den Wählern genießt diese große Koalition unter allen Bündnis-Varianten den größten Zuspruch. Weitere Sondierungsgespräche zwischen Union und Grüne scheiterten an der Ablehnung der Grünen. Die Union bringe »noch nicht die Beweglichkeit und Bereitschaft zum Umdenken auf«, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Er hatte mit der Grünen-Co-Vorsitzenden Claudia Roth, Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber 90 Minuten lang Möglichkeiten für ein Bündnis besprochen.
Merkel betonte anschließend, für sie bestehe die Option eines schwarz-gelb-grünen Bündnisses weiter. Es sei »nichts beendet, aber auch nichts verabredet«. Nach den Gesprächen mit der SPD am kommenden Mittwoch werde man aber nochmals auf die Grünen zugehen, wenn es die Situation erfordere, hieß es von Seiten der Union.
Die Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD sollen bis dahin abklopfen, welche inhaltlichen Übereinstimmungen oder Differenzen es zwischen den beiden großen Volksparteien gibt.
Keine Bewegung gab es am Freitag in der Kanzler-Frage. Die Union, die als stärkste Fraktion aus der Wahl hervorgegangen war, hält weiter am Führungsanspruch der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel fest. Die SPD beharrt auf Gerhard Schröder als Kanzler einer künftigen Regierung unter ihrer Beteiligung. Michel Müller, SPD-Fraktionsvize, rückte hingegen von einer Kanzlerschaft Gerhard Schröders als unumstößlicher Bedingung für eine Koalition ab. Die SPD gehe »erst mal mit diesem Kandidaten ins Feld«, sagte er.
Die SPD dementierte am Freitagabend eine Meldung des TV-Senders RTL, wonach Schröder zu einer Aufteilung der Kanzlerschaft zwischen Union und Sozialdemokraten in einer großen Koalition bereit sei. Die Meldung sei »reine Spekulation«. Es gebe »derzeit keinen Grund für Entscheidungen«, teilte SPD-Sprecher Lars Kühn mit. Erst nach dem nächsten Sondierungsgespräch werde entschieden, »ob es zu Verhandlungen kommen kann. Im Verlauf von Verhandlungen werden auch Personalentscheidungen zu treffen sein«, erklärte Kühn.
CSU-Chef Edmund Stoiber will Zeitungsberichten zufolge bei einer großen Koalition nach Berlin wechseln und ein Regierungsamt übernehmen. Auch Angela Merkel sei von Stoibers nahezu abgeschlossener Meinungsbildung unterrichtet. Ein Sprecher Stoibers erklärte dazu lediglich, Stoiber werde sich an Spekulationen nicht beteiligen.
In der neuen Umfrage für das ZDF-Politbarometer äußerten sich 80 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem Wahlergebnis. Zugleich stehen aber die Wähler zu ihrem Wahlverhalten: 87 Prozent geben an, sie hätten auch bei Kenntnis des Wahlausgangs nicht anders gewählt.
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Artikel vom 24.09.2005