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Von Heesen bittet Bielefelds
Fans um Entschuldigung

Arminia enttäuscht beim 0:2 gegen Gladbach auf der ganzen Linie

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Er räusperte sich kurz, dann legte Thomas von Heesen los: »Ich kann mich nur in aller Form bei den Fans entschuldigen. Das war eine der schlechtesten Halbzeiten, die ich als Trainer erlebt habe.« Offen blieb: Welche Halbzeit mag Arminia Bielefelds Trainer gemeint haben? Klar wurde: Der DSC steckt nach dem 0:2 (0:1) gegen Borussia Mönchengladbach bis zum Hals im Schlamassel.

Und hat sich das mit einem eklatanten Mangel an Initiative größtenteils selbst zuzuschreiben. Die Arminia-Anhänger unter den knapp 22 000 Zuschauern wussten gar nicht genau: Schauen sie ein Heim- oder ein Auswärtsspiel? Spielerisch wurde nicht deutlich, wer Chef in der SchücoArena war. Auch akustisch waren die Gäste am Samstag überlegen. Borussia dominierte auf den Rängen.
Mit gutem Willen zwei halbe Chancen für Bielefeld (Fink, Boakye), immerhin zwei ganze für Gladbach (Kluge, Jansen): Verdient führten die Borussen allein schon deshalb zur Pause mit 1:0, weil sie zielstrebiger und mutiger nach vorn spielten. Beispielhaft hierfür: Per Kluge. Zwar stand der Linksaußen bei seinem Tor zum 0:1 (32.) derart frei, dass ein misslungener Abschluss keine Entschuldigung zugelassen hätte. Nach dem Erfolgserlebnis trumpfte der Borusse allerdings so fintenreich in den Dribblings und antrittsschnell auf, dass Arminias Abwehrspieler überfordert waren.
Sie mögen einmal tief durchgeatmet haben, als Gästetrainer Horst Köppel Kluge nach einer Stunde vom Feld nahm. »Er hatte in der Pause über Schwindelgefühle geklagt«, sagte Köppel. Schwindelgefühle bei Kluge - wie mögen sich erst seine Bielefelder Gegenspieler gefühlt haben?
Wäre Mathias Hain nicht gewesen, hätte Gladbach schon zur Pause den Sack zugemacht. Nachdem Nationalspieler Marcell Jansen mit Oliver Neuville hübsch Doppelpass gespielt hatte, packte der DSC-Torwart eine akrobatische Fußabwehr aus (44.). Nicht selten rütteln solche Szenen eine Mannschaft wach. Hains Signal jedoch blieb ungesehen, alle seine verbalen Weckversuche ungehört. Beim 0:2 von Neuville war der Kapitän ebenso machtlos wie beim 0:1. Besonders bitter: Borges hatte mit einem Fehlpass Gladbachs Oude Kamphuis die Torvorlage ermöglicht, Westermann entscheidend das Abseits aufgehoben.
»Wir hatten keinen Hintern in der Hose«, hatte Trainer Thomas von Heesen nach der Auswärtspartie in Dortmund bemängelt. Und angekündigt: »Gegen Gladbach werden wir eine ganz andere Mannschaft sehen.« Personell ja, fußballerisch nein. Der Trainer nominierte mit Kobylik, Kucera und Boakye drei Neue in die Startelf, Arminia ging dennoch fast genau so zaghaft zu Werke wie im Westfalenstadion, wehrte sich wieder viel zu wenig gegen die drohende Niederlage. Kein Wunder, dass Präsident Hans-Hermann Schwick deutliche, für seine Verhältnisse geradezu harte Worte wählte: »Da stand kein Team auf dem Platz. Es war kein Wille zu erkennen, gewinnen zu wollen. Ein Auftritt, der zur Sorge Anlass gibt.«
Dass Thomas von Heesen nach der ersten Halbzeit stinksauer auf seine Spieler gewesen sein muss, drückt sein wildes Pausen-Wechselspiel aus. Auf fünf Positionen verändert kam Arminia aus der Kabine, spielte mit Pinto und Porcello für Korzynietz und Kupnikovic, verteidigte mir Dreier- statt Viererabwehrkette. Genützt hat es gar nichts. Hatte es der DSC in der ersten Halbzeit wenigstens noch ein paar Mal Erfolg versprechend in den Gladbacher Strafraum geschafft, waren die Platzherren nach der Pause nur noch mit Distanzschüssen ansatzweise gefährlich. Pech hatte Boakye, als Strasser gegen den einköpfbereiten Ghanaer nach guter Flanke von Korzynietz mit der Fußspitze eher am Ball war (17.). Die restlichen Chancen waren nicht zwingend oder entsprangen dem Zufall. Arminia machte es Borussia leicht, sich nach 22 sieglosen Spielen in der Fremde auswärts mal wieder wie zu Hause fühlen zu dürfen.

Artikel vom 26.09.2005