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Pflege daheim
hat ihre Grenzen

Familie scheitert an der Krankheit

Schildesche (WB). »Sie erkennt mich schon seit Jahren nicht mehr mehr«, stellt Barbara Erdmeier ganz wertfrei fest. Die 52-jährige kommt beinahe täglich ins Jochen-Klepper-Haus an der Rappoldstraße, um ihre Mutter zu besuchen, Erna Kerzel (91), die an Altersdemenz erkrankt ist, wohnt seit zehn Jahren in der Einrichtung des Ev. Johanneswerks.

Die Demenz wurde auffällig, als der Mann von Erna Kerzel 1991 starb. Der Einzug der zweiten Tochter ins Haus war eine Lösung, die aber nur drei Jahre griff. Dann verletzte sich die alte Dame selbst so schwer, dass nach Diagnose des Arztes eine Zwangseinweisung angeordnet wurde. Im Krankenhaus wird die Demenz mit ihren typischen Auswirkungen festgestellt.
Der Entschluss von Barbara Erdmeier, ihrem Mann Rolf und den vier Kindern, die Großmutter zu Hause zu pflegen, ließ sich nicht realisieren. »Wir haben das Haus auf ihre Bedürfnisse hin umgestaltet und waren eigentlich ganz guter Dinge, dass wir das hinkriegen.« Doch der gestörte Tag-Nacht-Rhythmus, der starke Bewegungsdrang und die Desorientierung stellten hohe Anforderungen an die pflegende Familie. Als die Seniorin auf die eigenen Enkelkinder losging, zog Barbara Erdmeier, die als didaktische Koordinatorin an einem Gymnasium in Vlotho tätig ist, einen Schlussstrich.
Erna Kerzel fand einen Platz im Jochen-Klepper-Haus, einer gerontopsychiatrischen Einrichtung. Dort wird Wert auf die Beratung der Angehörigen gelegt, die viele Fragen haben - nicht nur zur Finanzierung. Barbara Erdmeier sieht dort auch durch das Konzept die wertschätzende Pflege gewährleistet. »Demenzkranke bedürfen wie wir der Anerkennung ihrer Persönlichkeit und - wie bei meiner Mutter - ihres Willens.«

Artikel vom 23.09.2005