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Bagger rücken
Eisenwerken
»auf den Pelz«

Ein Stück Wirtschaftsgeschichte

Von Annemargret Ohlig
Sennestadt (WB). Ein Stück »Sennestädter« Wirtschaftsgeschichte ist endgültig zu Ende. Es ist nur noch eine Frage der Zeit - und der Schnelligkeit, mit der die Abrissbirnen bedient werden - dann wird nichts mehr an das 1884 in Senne II gegründete Eisenwerk Heinrich Schilling (Schilling Armaturen), erinnern.

Am Mittwoch rückten auf dem knapp 70000 Quadratmeter großen Werksgelände des Unternehmens, das in seinen besten Zeit mit 400 Beschäftigten der größte Industriebetrieb der Senne-Gemeinde war, die Bagger für die Abrissarbeiten an. Doch schon seit Ende der neunziger Jahre war das Areal zwischen Paderborner- und Altmühlstraße nur noch eine trostlose und viel diskutierte Industriebrache, die hin und wieder der Polizei zu Trainingszwecken für Einsätze diente.
Jetzt soll hier mittelfristig der Weg für ein neues Baugebiet frei gemacht werden. Denn: Im Februar dieses Jahres hat die Sennestadt GmbH nach jahrelangen Verhandlungen das Gelände erworben - als so genanntes Rohbauland. »Das heißt«, sagt Geschäftsführer Bernd Güse, »dass wir einen Notarvertrag über den Kauf des Areals abgeschlossen und auch schon einen bestimmten Teil des Kaufpreises bezahlt haben.«
Die Restsumme werde allerdings erst dann fällig, wenn das ehemalige Werksgelände auf Kosten des bisherigen Eigentümers fachgerecht sowie gutachterlich bestätigt, freigeräumt sei. »Erst dann ist die Sennestadt GmbH auch im juristischen Sinne der eigentliche Eigentümer des Geländes.«
Und das dauert - voraussichtlich noch bis zum nächsten Sommer. Denn nicht nur die ehemaligen Werkshallen und Bürogebäude werden abgerissen. Auch Altlasten müssen beseitigt, Straßen, Gräben, Stromleitungen und Entwässerungskanäle sorgfältig entfernt beziehungsweise an das öffentliche Kanalsystem angeschlossen werden.
»Das Schilling-Gelände ist für uns ein wichtiger Eckstein in der Wohnbau-Planung«, betont Bernd Güse. Deshalb werde die Sennestadt GmbH die weiteren Planungen mittelfristig und mit Augenmaß angehen. So spiele der Bau der A 33 im Zusammenhang mit der Bebauungsplanaufstellung und dem Erschließungskonzept des künftigen Baugebietes eine große Rolle.
»Erst wenn es die A 33 gibt, komme ein Rückbau der Paderborner Straße in Frage. Dann sei von dort aus auch eine Erschießung in das Gebiet möglich, so Güse. Zudem gebe es Überlegungen, entlang dieser Straße ein Mischgebiet auszuweisen, an dem verträgliches Kleingewerbe als »Lärmschutz« für die dahinter liegende Wohnbebauung angesiedelt werden könne.
Wie viele Häuser auf dem 70000 Quadratmeter großen Gelände einmal entstehen werden, sei zurzeit nur schwer abzuschätzen, meint Güse. Etwa 10000 Quadratmeter müsse man als Verkehrsfläche abziehen. Gehe man nur von Einfamilienhäusern aus, so könnten dort etwa 120 entstehen. »Doch voraussichtlich wird das noch zehn Jahre dauern«, verweist der GmbH-Geschäftsführer auf die zeitaufwändigen Rückbaumaßnahmen und notwendigen Baugebiets-Planungen.
Der Anfang vom Ende für das Eisenwerk Schilling zeichnete sich vor zehn Jahren ab. Im November 1995 musste das Armaturenunternehmen Insolvenz anmelden. Einige Wochen später stieg ein bayrischer Armaturenhersteller ein. Anschließend ging das Traditionsunternehmen - wenig erfolgreich - an eine Tochter des amerikanischen Mischkonzerns Tyco über.

Artikel vom 23.09.2005