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Mandeln raus - ja oder nein?

Verkleinern statt entfernen - neues OP-Verfahren ist schonender

Eltern, deren Kinder wegen chronisch vergrößerter Mandeln unter Schlafstörungen sowie Lust- und Antriebslosigkeit leiden, stehen vor der Frage: »Mandeln raus - ja oder nein?«. Wenn die Mandeln nicht entzündet sind, kann auf die Entfernung auch ver-zichtet werden. HNO-Experten setzen zunehmend auf schonende, organerhaltende Verfahren.

Ein großer Vorteil liegt vor allem in der wesentlich geringeren Schmerzbelastung sowohl während als auch nach der Operation. Die Patienten können häufig schon am Tag des Eingriffes nach Hause gehen.
Als Isabel mit zwei Jahren in die Krippe ging, bekam sie sehr häufig Erkältungsinfekte. »Das Schlimme daran war, dass immer der gesamte Nasen- und Rachenraum betroffen war«, erzählt Mutter Sonja Thomas. »Bevor der eine Infekt richtig ausheilen konnte, kündigte sich schon der nächste an«, so die Unternehmensberaterin aus Wiesbaden. Für Isabel und die Eltern begann ein monatelanger Dauerstress. Isabel schlief nachts sehr unruhig. »Sie schnarchte und röchelte häufig«, schildert die Mutter. Tagsüber wirkte Isabel nach sehr unruhigen Nächten unausgeglichen. Kein Wunder: Schließlich fehlte ihr der nötige Tiefschlaf, um tagsüber munter und unternehmenslustig zu sein.
Grund für den schlechten Schlaf waren chronisch vergrößerte Gaumenmandeln, wie sie bei etwa zwei Prozent aller Kinder vorkommen. Sie sind Ausdruck einer intensiven Abwehrtätigkeit des Immunsystems. »In diesen Fällen ist der Weg für die Atemluft in die Lunge stark verengt, das Atmen ist für die Betroffenen besonders nachts viel anstrengender«, sagt Professor Dr. Ludger Klimek, Leiter des Zentrums für Allergologie und Rhinologie in Wiesbaden.
Dabei kann es während des Schlafs sogar zu längeren Atemaussetzern kommen. Der Körper registriert die Sauerstoffunterversorgung und schlägt ständig Alarm; das Kind wacht häufig auf und findet kaum noch Tiefschlafphasen -Êder Beginn einer negativen Ursache-Wirkung-Spirale: Denn wenig Schlaf bedeutet auch eine Belastung für das Immunsystem.
Während unter HNO-Ärzten früher die Lehrmeinung vorherrschte, vergrößerte Gaumenmandeln seien stets zu entfernen, gehen viele von ihnen heute neue Wege. »Sind die Mandeln nicht ent-zündet, sondern infolge ver-gangener Infekte dauerhaft vergrößert, ist eine Entfernung der Mandeln nicht angezeigt«, sagt Professor Klimek. Der HNO-Spezialist setzt in-zwischen auf ein minimalinvasives, schonendes Verfahren, das den Atemraum vergrößert und die Mandeln erhält.
Mit einer feinen Sonde und Radiofrequenzenergie wird das Innere der Mandeln behandelt und somit um rund ein Drittel bis zur Hälfte verkleinert. »Der Körper baut innerhalb von etwa drei Wo-chen nach dem Eingriff das behandelte Gewebe ab, die Mandeln schrumpfen. Der Eingriff birgt aufgrund seines minimalinvasiven Charakters so gut wie kein Blutungsrisiko, denn große Blutgefäße werden nicht verletzt. Die Operation ist deshalb in der Regel ambulant möglich und bedeutet für den Patienten sowohl während als auch nach der Behandlung eine geringe Schmerzbelastung«, so Professor Klimek.
Bei der damals zweijährigen Isabel hat Professor Klimek das Volumen der Gau-menmandeln mit der bipolaren Radiofrequenztherapie deutlich reduziert. Schon nach ein paar Wochen hat sich die positive Wirkung eingestellt. »Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden«, so der HNO-Experte.
Die Kosten einer bipolaren Radiofrequenztherapie werden von privaten Krankenkassen bereits übernommen. Patienten oder Eltern von Kindern, die gesetzlich versichert sind, müssen die Kosten noch selbst übernehmen.
Adressen von Ärzten, die das Verfahren anwenden, gibt es unter der kostenfreien Hotline 0800/23 56 624.

Artikel vom 07.10.2005