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Tradition und
Fettnäpfchen

»Alles auf Zucker« heute bei Arte

Von Patrick Poch
Arte, 20.40 Uhr: Wie schön, dass nicht jeder Erfolg planbar ist und Träume auch außerhalb Hollywoods wahr werden: mit dem Film »Alles auf Zucker«.
Viel Spaß mit Henry Hübchen.Foto: teutopress

Als sich Regisseur Dani Levy mit Autor Holger Franke eine witzige Geschichte über eine jüdische Familie im Deutschland von heute ausdachte, sollte ein kleiner, feiner Film daraus werden. Als das fertige Werk in einer Testvorführung überwältigenden Zuspruch bekam, haben sich die Produzenten entschlossen, »Alles auf Zucker!« ins Kino zu bringen. Wer wagt, gewinnt: Mehr als eine Million Zuschauer haben den Film bisher gesehen, einer der erfolgreichsten Streifen des Jahres. Seit dem 6. Januar läuft der Filmspaß in den Kinos, ein Ende ist nicht in Sicht. Dennoch, auch das gehört zur wundersamen Erfolgsgeschichte des Films, zeigt ihn der Kultursender bereits heute und am 28.9. in der ARD. Und nicht nur beim Publikum ist der Streifen ein Renner: Beim Deutschen Filmpreis räumte es gleich sechs »Lola« ab. Henry Hübchen, Hannelore Elsner, Udo Samel, Gold Tencer und Steffen Groth zeigen, wie witzig deutsch-jüdischer Humor sein kann.
In der Hauptrolle brilliert Henry Hübchen, der bisher sowohl auf Theaterbühnen als auch in vielen TV-Rollen eher als stiller und ernster Charakter zu sehen war. »Fernsehen unterfordert mich meistens«, behauptet der 58jährige. Da werde nur noch geschaut, was sich rechnet, und nicht mehr darauf geachtet, was zählt. Bei »Alles auf Zucker!« gelten andere Gesetze. Eine temporeiche Geschichte, die sofort mitreißt.
Jaeckie Zucker (Hübchen) war zu DDR-Zeiten ein Sportreporter, aber vor allem ein Lebemann. Das ist er heute noch, allerdings pleite. Finanzielle Rettung soll ein hoch dotiertes Billard- Turnier bringen. Dann stirbt seine Mutter und hinterlässt ein deftiges Testament: Geerbt wird nur, wenn er den seit 40 Jahren schwelenden Streit mit seinem Bruder beendet und sie samt Familie streng das jüdische Gesetz einhalten. Zähneknirschend gibt es eine familiäre Wiedervereinigung und Crash-Kurse in jüdischer Tradition mit jeder Menge Fettnäpfchen.
Großes Kino hat den gebürtigen Berliner immer gereizt - zu DDR- Zeiten schon, später als »Polizeiruf«-Ermittler in der ARD: »Da schiele ich immer auf die Kommissare, die mir wirklich gefallen - die in Melvilles, Chabrols oder Millers Filmen. Oder auch Harvey Keitel in »Bad Lieutenenant.«
Vielleicht entdeckt Woody Allen den ehemaligen DDR-Meister im Windsurfen (1981 und 1982) für seinen nächsten Film. Die Chancen stehen nicht schlecht.

Artikel vom 23.09.2005