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Mehr Porsche braucht's nichtUnglaublich agiler Cayman S ist viel mehr als ein Boxster mit festem Dach
»Mehr Porsche braucht es eigentlich nicht.« Kurz, knackig und präzise beschreibt Ex-Rallye-As Walter Röhrl seinen Eindruck vom neuen Cayman S. Das Coupé auf Boxster-Basis tritt an, um eine von Porsche ausgemachte Nische zwischen 911 und Boxster zu füllen.
Eines steht nach ersten Fahreindrücken fest. Alle Vorurteile, der Cayman S sei mehr oder weniger ein Boxster mit festem Dach, lösen sich in Luft auf. In Luft? Nein! Falsch! Es ist ein geradezu atemberaubender Wir- bel aus Agilität und Dynamik verbunden mit einer komplett neuen Designlinie, der dem Zweisitzer eine so nicht erwartete Eigenständigkeit im Angebot der Sportwagenschmiede aus Stuttgart beschert.
Vor allem die langgestreckte Dachlinie und das extravagante Heck samt riesiger Klappe (116 mal 90 Zentimeter) sorgen optisch für die Ausnahmestellung des Cayman S. Im Gesicht sind die Familienzugehörigkeit eben- so wie die Gene des Boxsters zu erkennen - auch wenn die Nebellampen in die vorderen Lufteinlässe verschoben wurden.
Vom Boxster übernommen hat Porsche auch die Mittelmotor-Lösung. Dieses Konzept sorgt für eine optimale Gewichtsverteilung des 1340 Kilo leichten Renners, der damit weniger wiegt als beispielsweise ein Golf GTI. Ein neuer 3,4 Liter Sechszylinder-Boxermotor mit 295 PS schiebt den Cayman S über ein Sechsgang-Getriebe mit Vehemenz an. In 5,4 Sekunden gelingt der Spurt von Null auf 100, 11,7 Sekunden zeigt die Stoppuhr bei Tempo 160 an. Die Spitzenmarke liegt nach Porsche-Angaben bei 275.
Die ist bei diesem Auto nicht gar so wichtig. Weitaus interessanter und bemerkenswerter ist das Handling. Das Reptil aus Zuffenhausen entpuppt sich als gieriger Kurvenfresser. Mit brüllendem Fauchen stürzt er sich freudig in noch so enge und winklige Rechts-Links-Kombinationen. Sensationell, mit welcher Präzision der Zweisitzer dabei auf jede Lenkbewegung reagiert. Er fährt da hin, wohin der Fahrer möchte. Und das punktgenau.
Um das zu erreichen, haben die Techniker das Fahrwerk des Boxster S genommen und komplett neu auf noch mehr Sportlichkeit getrimmt. In Verbindung mit 18-Zoll-Gummiwalzen und dem Mittelmotor sind deshalb erheblich höhere Querbeschleunigungen als beim Roadster möglich. Dem Charakter des Autos entsprechend wurde auch das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP heißt bei Porsche PSM) abgestimmt. Es greift erst extrem spät regelnd ein und lässt dem Fahrer somit alle Möglichkeiten, seinen Fähigkeiten entsprechend die Kurvenhatz in Angriff zu nehmen.
Damit die aber mit der bereits beschriebenen Extraklasse absolviert werden kann, muss vor allem die Steifigkeit der Karosserie stimmen. Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Macht nennt in diesem Zusammenhang den großen Vorteil des Cayman S. »Wir haben unseren neuen Zweisitzer auf der Struktur des Boxsters aufgebaut. Und der war als offener Sportwagen schon so konstruiert, dass er ohne festes Dach eine hohe Stabilität aufweist.«
Gegenüber dem Boxster bietet der Cayman S aber nicht nur deutlich mehr Agilität, sondern verfügt über einen erheblich höheren Nutzwert. Der vordere Kofferraum fasst wie gehabt 150 Liter (zwei normale Trolleys). Dazu kommen aber noch einmal 260 Liter unter der weit nach oben schwingenden Klappe im Heck (ein Trolley plus eine Reisetasche und ein Schminkköfferchen). Für den Urlaub zu zweit sollte das reichen.
58 529 Euro kostet der Cayman S, der am 26. November in den Handel kommt. Das sind 6264 Euro mehr als der offene Boxster S und - sicherlich interessanter - 18 212 Euro weniger als der Carrera. Der Elfer indessen ist fraglos erwachsener und so etwas wie der »reife Bruder«. Dennoch: Nach den ersten Fahreindrücken mit dem agilen kleinen Krokodil aus Zuffenhausen kann nur ausdrücklich unterstrichen werden: Mehr Porsche braucht es wirklich nicht. Wolfgang Schäffer

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Artikel vom 01.10.2005