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Angst vor der eigenen Courage

Arminias »laues Lüftchen« war gegen schwache Dortmunder zu wenig

Von Werner Jöstingmeyer
Dortmund (WB). Mit einem »lauen Lüftchen«, wie es Arminias Präsident Hans-Hermann Schwick formulierte, war im Westfalenstadion kein Blumentopf zu holen. »Der Dortmunder Sieg ist völlig verdient, weil wir unser Offensivpotential nicht abgerufen haben«, gab Bielefelds Trainer Thomas von Heesen ehrlich zu.

Kein einziger Torschuss auf das Gehäuse der Borussen in den ersten 45 Minuten, nur ein Eckball und kaum eine gefährliche Standardsituation während des gesamten Spiels. Diese magere Bilanz war einfach zu wenig, um die ebenfalls keineswegs überzeugenden Platzherren ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. BVB-Keeper Roman Weidenfeller verlebte an sich einen ruhigen Dienstagabend, er wurde nur durch zahlreiche Rückpässe der eigenen Abwehr »warm gehalten«.
Dieses Westfalenderby der »spielerischen Missverständnisse« erwärmte kaum einen der 62 100 Zuschauer. »Der späte zweite Dortmunder Treffer durch Smolarek hat wenigstens die BVB-Fans versöhnt. Sonst wäre hier wohl die Hölle los gewesen«, meinte DSC-Sportdirektor und Borussen-Insider Reinhard Saftig.
Das Spiel erinnerte stark an Bielefeld jüngste Heimbegegnung gegen Kaiserslautern. Einziger Unterschied: Die Roten Teufel wollten ihre Defensive nicht lockern, Arminia konnte es jetzt nicht. Nahezu jedes Anspiel in die Offensive führte zum Ballverlust. Trainer Thomas von Heesen sprach vom Dominoeffekt und fand zunächst keine Erklärung für die zahlreichen Stockfehler.
Bis zur Pause gewann der blasse Sibusiso Zuma kein einziges Laufduell gegen Dortmunds Brasilianer Dede. Auf dem rechten Flügel ließ Tobias Rau jegliche Durchschlagskraft vermissen. Und im Zentrum? Da kam Massimilian Porcello als überraschend eingesetzte Angriffsspitze ebenfalls nicht zum Zug, weil er selbst mit der ungewohnten Aufgabenstellung erhebliche Probleme hatte und zudem zu wenig Unterstützung aus dem Mittelfeld erhielt.
Der Angriff und die geringe Ballbehauptung seien das Problem, erkannte von Heesen. Seine personellen und taktischen »Eingriffe« brachten zumindest unmittelbar nach der Pause »Linderung«. Plötzlich war Arminia dem Ausgleich nahe. Zuma und zweimal Fink hätten Kollers Führungstreffer aus der 27. Minute durchaus wettmachen können. »Wir sind eben zu spät aufgewacht«, empfand nicht nur »Präses« Hans-Hermann Schwick.
Der Südafrikaner Zuma mühte sich nach dem Seitenwechsel als »neue Spitze« redlich, doch die Ideallösung ist er im Angriffszentrum keineswegs. »Durch die Verletzungen fehlt uns die klare Linie«, gab Bielefelds Trainer zu, versicherte aber auch: »Nach dem Ausfall von Fatmir Vata ist Zuma derzeit noch die beste Lösung.«
Als Smolarek schließlich nach einer Ecke den Bielefeldern den »Gnadenstoß« versetzte, weil Krupnikovic bei der Hereingabe den Kopf einzog, war die Partie gelaufen. Dortmunds Trainer Bert von Marwijk atmete auf: »Wir hatten doch unendlich viele Chancen und haben uns das Leben selber schwer gemacht. Die Arminen leckten derweil ihre Wunden und konnten ihr zuweilen »qualvolles Gekicke« selbst nicht begreifen. Der verhinderte Torschütze Michael Fink heulte wie ein Schlosshund. Seine beiden vergebenen Chancen waren ihm sichtlich aufs Gemüt geschlagen.
Arminias Finanzchef Roland Kentsch nahm die Niederlage relativ gelassen: »Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann das erste Tor fällt.« Seine weitere Ausführung deckte sich weitgehend mit der mentalen Einstellung der Akteure: »In Dortmund holt man ohnehin nur Bonuspunkte.« Allerdings war er sich auch mit Thomas von Heesen einig: »Samstag ist gegen Mönchengladbach Wiedergutmachung angesagt.« Und der DSC-Coach versprach: »Dann werden wir eine völlig andere Mannschaft sehen.«

Artikel vom 22.09.2005