23.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Politischer Apparat ist
nur noch Selbstzweck

Dem Wähler unbequeme Wahrheiten sagen


Wenn der Wahlausgang eines deutlich macht, dann dies: Die Stimmenverteilung gibt das wieder, was die Politik in mehr als 40 Jahren versäumt hat, nämlich dem Wähler unbequeme Wahrheiten zu sagen, für mehr politische Bildung und Verantwortung zu sorgen und langfristig vorausschauend zu handeln.
Nur so ist es zu verstehen, dass die Wähler in auffälliger Unkenntnis über den wahren Zustand des Landes wiederum egoistisch nach dem Prinzip »Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass« votiert haben und sich eine extrem linke und völlig überflüssige Partei so forsch etablieren konnte. Aber da, wo es wirklich brennt, ist nichts, herrscht Leere.
- Abbau der Staatsquote: Daran ist gar nicht zu denken, denn dem würden ja ungezählte Stellen von Beamten und staatlichen Angestellten zum Opfer fallen, die sich aufgrund überbordender und gewollt komplizierter Gesetzes- und Verordnungsorgien einschließlich der davon profitierenden Dienstleister so gemütlich eingerichtet haben.
Zumindest auf diesem Gebiet ist eine Ähnlichkeit mit dem Staatswesen der ehemaligen DDR auffällig, das schließlich daran scheiterte, dass niemand gefragt hat, wer die Mittel für die »Wohltaten« und »sicheren Arbeitsplätze« eigentlich erwirtschaftet. Zu allem Überfluss wird durch diesen Moloch die wirtschaftliche Entwicklung hin zu mehr Arbeitsplätzen auch noch eher behindert als gefördert.
- Forschung und Bildung: Es ist zu wenig Geld verfügbar, nicht einmal genügend Lehrer sind vorhanden, und die besten Wissenschaftler kehren unserem Land den Rücken zu. Aber von Elite-Universitäten wird gefaselt, als ob Universität und Elite nicht ein und dasselbe sind!
- Familienpolitik: Sie ist deutlich weniger am Wohl der Kinder als an der Selbstverwirklichung der Eltern orientiert. Mütter werden zum Produktionsfaktor!
- Finanzpolitik: Obwohl die »Kassenwarte« alles Tafelsilber schon verscheuert haben, ist von Abbau der Staatsverschuldung, geschweige denn, von Einhaltung der Maastricht-Kriterien nichts in Sicht.
- Wirtschaftspolitik: Nun ja, da müssten wir Politiker haben, die sich ihre Sporen in der Wirtschaft verdient haben. Und, und, undÉ
Durch Populismus ist der politische Apparat zum Selbstzweck verkümmert und die unverantwortliche Arroganz der abgewählten Politiker nach diesem Urnengang geradezu beschämend. Wen wundert es da noch, wenn der »Souverän«, der Wähler, sich von Solidarität und staatlicher Mitverantwortung verabschiedet und der Einzelne an sich selbst zuerst denkt? So kann man Demokratie nicht weiterentwickeln, sondern beschädigt sie!
HANS G. BRUCKSCHEN
33803 Steinhagen

Artikel vom 23.09.2005