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Selbst die Steuerfrage wäre verhandelbar

Große Koalition fände durchaus lösbare Problemfelder

Berlin (dpa). Für Schwarz-Gelb hat es nicht gereicht, nun könnte es eine Zwangsehe von Union und SPD geben. Wesentliche Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesundheitspolitik haben die beiden großen Volksparteien in jüngster Zeit ohnehin schon gemeinsam auf den Weg gebracht. Hier die wichtigsten zu lösenden Probeleme in einer großen Koalition aus CDU/CSU und SPD:
Unverhandelbar: Erdogans Anspruch auf EU-Vollmitgliedschaft
ARBEITSMARKT: Voraussichtlich würden sich beide Parteien gerade in diesem sensiblen Punkt um eine Einigung bemühen. Heftig umstritten ist aber der Plan der Union, den Kündigungsschutz zu lockern und mehr betriebliche Bündnisse zu ermöglichen. An der Arbeitsmarktreform Hartz IV halten beide fest. Die SPD will aber, dass ältere Arbeitslose erst von 2008 an und nicht schon im Februar 2006 höchstens 18 statt 32 Monate Arbeitslosengeld (ALG) I beziehen können. Außerdem soll der Satz für das ALG II im Osten auf Westniveau angehoben werden. Die Union lehnt dies ab.
AUSSENPOLITIK: Einziger echter Streitpunkt ist der Türkei-Beitritt zur EU. Die Union lehnt eine Vollmitgliedschaft ab und bevorzugt eine privilegierte Partnerschaft mit Ankara. Für die SPD kommt nur der vor Jahrzehnten versprochene Beitritt in Frage.
ENERGIEPOLITIK: Die Union will den von Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg rückgängig machen. Allerdings wollen CDU/CSU nur die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern und keine neuen Meiler bauen lassen.
GESUNDHEIT: »Bürgerversicherung kontra Kopfpauschale« - in der Gesundheitspolitik liegen SPD und CDU/CSU weit auseinander. Die SPD will eine Bürgerversicherung, in die je nach Leistungsfähigkeit eingezahlt werden soll. Das Modell, bei dem Beamte und Selbstständige einbezogen werden sollen, ist auch bei der Pflegeversicherung vorgesehen. Die Union will mit der einkommensunabhängigen »Gesundheitsprämie« die Finanzierung des Gesundheitswesens von den Lohnnebenkosten abkoppeln. Die Pflegeversicherung soll um kapitalgedeckte Elemente ergänzt werden. Die SPD findet das Vorhaben unsozial.
STEUERN: Hier gibt es mehr Gemeinsamkeiten, als es der Wahlkampf vermuten lässt. Die von der Union geplante Mehrwertsteuererhöhung dürfte letztlich kaum an der SPD scheitern. Einigkeit besteht auch darin, weitere Steuervergünstigungen abzubauen. Fraglich ist, ob die Unionspläne für eine weitere Senkung der Einkommenssteuersätze und die der SPD für eine höhere Steuer für Top-Verdiener vereinbar sind. Pläne für die künftige Unternehmensbesteuerung sind wenig konkret, die Körperschaftssteuer wollen beide unterschiedlich stark senken. Auch bei den Kommunalsteuern könnte es eine Annäherung geben.

Artikel vom 21.09.2005