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Die brennende Synagoge im Film

Beklemmendes Dokument wird jetzt im Historischen Museum gezeigt


Bielefeld (MiS). Hundert Jahre alt wäre die Bielefelder Synagoge an der Turnerstraße in diesen Tagen geworden. Doch in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Gebäude ein Raub der Flammen. Der Bielefelder Gustav Wittler filmte das Ereignis. Ein einmaliges Dokument, das jetzt dank einer Spende des Ehepaares Hiltrud Böcker-Lönnendonker und Klaus Böcker in die Dauerausstellung des Historischen Museums eingebunden werden kann.
Der gut einminütige Filmausschnitt wurde digitalisiert, kann jetzt per Knopfdruck über einen Bildschirm abgerufen werden. Ein erklärender Text rückt die Filmszenen in den historischen Zusammenhang. Die Eheleute Böcker stifteten die technische Ausstattung und finanzierten die Überspielung auf das digitale Format. Klaus Böcker verfasste den Text.
»Wir hatten den Ausschnitt im Jüdischen Museum in Berlin gesehen«, berichtet Hiltrud Böcker-Lönnendonker. Auch im Holocaust-Museum in Washington ist er in die Ausstellung integriert. Die Eheleute waren der Auffassung, das Filmdokument müsse auch einer breiten Öffentlichkeit in Bielefeld zugänglich gemacht werden. Museumsleiterin Dr. Cornelia Förster holte die Genehmigung der heutigen Rechteinhaber ein. Der Ausschnitt stammt aus dem Film »Schönes Bielefeld«, den Wittler aus Aufnahmen der Jahre 1938 bis 1953 zusammen gestellt hatte. Aus Anlass der 750-Jahr-Feier 1964 überließ Film-Amateur Wittler dem Stadtarchiv seinen Streifen.
Der Ausschnitt zeigt deutlich, dass zahlreiche Schaulustige das grausige Ereignis verfolgten. Der seinerzeit verfasste Einsatzbericht der Feuerwehr spricht von einem Brand, dessen Ursache nicht herausgefunden werden konnte. Doch das Feuer wurde gelegt. Und klar scheint auch, dass die Feuerwehr lediglich eingesetzt worden war, ein Übergreifen des Feuers auf umliegende Häuser zu verhindern. Die 41 Meter hohe Kuppel konnte schließlich den Flammen nicht mehr standhalten, stürzte ein. Der Synagoge ist ein Teil der Ausstellung im Historischen Museum gewidmet. Zu sehen sind Fotos des stolzen Gebäudes, Grundrisspläne und die Kapsel mit Münzen und Zeitungen, die bei Baubeginn in den Grundstein eingelassen worden und später dem Museum von der Jüdischen Kultusgemeinde als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt worden war.

Artikel vom 22.09.2005