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»Das war Bitter«

Handball: Lemgo scheitert am »Gladiatorwart«

Von Hans Peter Tipp
Halle (WB). Der erste Spielverlust in dieser Saison, die erste Heimniederlage gegen den SC Magdeburg, die erste Pleite im Gerry-Weber-Stadion: Auf all diese Premieren hätte der TBV Lemgo vor nur 7521 Zuschauern am Samstag liebend gern verzichtet. Doch nach dem 28:31 (14:15) gegen den neuen Spitzenreiter der Handball-Bundesliga blieb TBV-Manager Fynn Holpert nur ein süßsaures Fazit: »Das war Bitter.«

Natürlich spielte er damit auf den überragenden Mann des Tages an. Vor den Augen von Bundestrainer Heiner Brand avancierte Nationaltorwart Johannes Bitter zum entscheidenden Akteur, obwohl er gar nicht von Anfang an zwischen den Pfosten stand. Warum, verriet SCM-Trainer Alfred Gislason: »Yogi hat in den bisherigen Spielen immer nur 40 Minuten lang gut gehalten. Da habe ich mir gedacht: Dann fangen wir dieses Mal erst nach 20 Minuten an.«
So lange reichte die Geduld des Taktikers aus Island dann aber doch nicht. Nach nur fünf Minuten schickte er seine »Nummer 1« auf das Feld, weil der TBV souverän mit 4:2 in das Spiel gestartet war. Bitter griff sofort beherzt zu: Dank seiner ersten Paraden übernahmen die Gladiatoren, wie sich die Magdeburger nennen, sogar mit 5:4 die Führung. Noch aber spielte der TBV erfolgreich: Beim 10:6 (16.) schien alles wieder unter Kontrolle zu sein.
Doch dann mischte sich der SCM-Trainer erneut ein und schickte Christoph Theuerkauf in der Verteidigung ganz dicht an Volker Zerbe. Kurze Deckung, lange Wirkung: Der TBV verlor erst den Faden und kurz vor der Pause auch noch die Führung, als Stefan Kretzschmar zum 14:13 für die Gäste traf. Diesem Rückstand liefen die Lemgoer im zweiten Abschnitt vergeblich hinterher.
Volker Mudrow versuchte alles: Vorn und hinten wechselte der TBV-Trainer das Personal und die Formationen, doch die frustrierende Erkenntnis war immer die gleiche: Gegen diese Gäste gab es kein entscheidendes Durchkommen. Spätestens beim 23:29 (57.) stand fest, dass der SC Magdeburg mit seinem »Gladiatorwart« Bitter nichts mehr anbrennen lassen würde.
»Er hat uns in sechs Minuten den Zahn gezogen, als er sechs Mal hintereinander gegen freistehende Angreifer abgewehrt hat«, meinte Manager Holpert und fühlte sich als Zeuge eines übernatürlichen Vorgangs: »Man hat das Gefühl gehabt, dass die Leichtigkeit übers Hallendach entschwebt und unsere Mannschaft gelähmt war.«
Trainer Mudrow sah alles wesentlich prosaischer: »Unsere Chancenauswertung war katastrophal. Wir haben zwölf Hundertprozentige verworfen. Das ist zu viel, um zu gewinnen.«
Und so war der TBV der große Verlierer des Wochenendes, an dem die Liga zusammenrückte. Während Magdeburg nach der Kieler Niederlage in Flensburg mit 11:3 Punkten die Spitze übernahm, rutschten die Lipper mit 7:3 Zählern vorerst auf den achten Rang ab - noch hinter des TuS N-Lübbecke.
»Es ist gut, dass wir am Mittwoch im Pokal in Wilhelmshaven schon das nächste Spiel haben. Da haben wir keine Zeit, zu lange über diese Niederlage nachzudenken«, sagte Volker Zerbe. Sein Trainer versprach selbstbewusst: »Wir sind jetzt gefordert, uns als Mannschaft zu zeigen. Wir haben das in der letzten Saison bereits beweisen, wir werden das auch jetzt wieder beweisen.«
TBV-Tore: Jicha 8/2, Schwarzer 6, Stephan 4/1, Kehrmann 3, Zerbe 2, Preiß 2, Aalgrimsson 2, Binder 1
SCM-Tore: Tkaczyk 5, Vugrinec 5, Abati 5/3, Kretzschmar 4, Kuleschow 4, Bielecki 3, Theuerkauf 3, Sigurdsson 2

Artikel vom 26.09.2005