19.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Präsidiale Ehrenerklärungen. Was sind sie wert? Oft nicht viel. Wenn sich die Vereins-Bosse ganz demonstrativ hinter ihre Trainer stellen, heißt das meistens nichts Gutes. In Frankfurt und Köln sieht das aber anders aus. Hier scheint tatsächlich der alte Grundsatz immer noch zu gelten: ein Mann, ein Wort.

Stille Stütze

Dabei hat Heribert Bruchhagen, der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht, eigentlich öffentlich nur mitgeteilt, dass er zu diesem »Thema« lieber nichts sagen wolle. Nach Pflichtspiel Nummer 8 stand der Aufsteiger Anfang Oktober ganz tief unten. Erst ein Sieg, gerade mal vier dürftige Pünktchen auf dem Konto. Das Schlusslicht flackerte über der Commerzbank-Arena.
Angesichts einer solchen Tabellenlage kommt sofort diese Frage: Wie sicher sitzt Friedhelm Funkel noch auf seinem Stuhl? Bruchhagen, schon immer ein cleverer Fachmann, blockte ab. Kein Kommentar. Nächstes Thema. Wenn er jetzt dazu eine Antwort geben würde, wäre eine Trainer-Diskussion automatisch eröffnet. Die wollte er vermeiden. Unbedingt. Also schwieg der Chef. Eine stille Rückendeckung, der laute Paukenschläge folgen sollten.
Denn danach hat Frankfurt nur noch ein Spiel nicht gewonnen, das man verlieren darf. Mit 1:4 in Bremen. Auf der Haben-Seite steht das 1:0 in Duisburg. Das 6:3 gegen Köln. Und das 3:0 gegen Bielefeld. Dazu der Sechserpack im DFB-Pokal, mit dem Schalke nach Hause geschickt wurde. Darum darf er selbstverständlich weiter bleiben, der Trainer Funkel, der vom Vorstand bisher auch nie in Frage gestellt worden ist.

Laute Hilfe

Vorbild Frankfurt. Und am Rhein, da scheint es ein Weltmeister von 1974 dem Kollegen Bruchhagen nachzumachen. Mit einem tönenden Unterschied: immer und immer wieder bekräftigt der FC-Boss Wolfgang Overath, wie unerschütterlich sein Vertrauen zum Trainer sei. Damit warb er sogar vor ein paar Tagen bei der Hauptversammlung und sammelte Punkte für seine Wiederwahl.
Uwe Rapolder hat die Stimme seines »Herrn« und die Stimmung im Saal aufmerksam registriert. Trotz einer langen Serie ohne Sieg: prima Klima in Kölle. Denn wer sich so festlegt wie Overath, der kann nach den nächsten Niederlage seine Meinung kaum wieder ändern. Rapolder muss sich deshalb also vorerst keine Gedanken um seinen erstklassigen Arbeitsplatz machen. Großes Ehrenwort.

Leise Kritik

Schließlich steht ja der Kölner Chef mit in der Verantwortung. Overath wollte den Ober-Taktiker Rapolder unbedingt. Da kann er ihn nicht so schnell kippen - nur weil die Mannschaft noch immer nicht ganz »intakt« ist.
Ähnlich sieht die Personal-Situation in Stuttgart aus. Auch da lobte sich der VfB-Präsident Erwin Staudt im Sommer nach seiner Trainer-Verpflichtung selbst. Mit Giovanni Trapattoni hatte er schließlich einen routinierten Meistermacher geholt.
Alle Warnungen, der gute, alte »Trap« sei vielleicht verbraucht und für neue Aufgaben nicht mehr tauglich, die wurden ignoriert. Und jetzt? Der VfB dümpelt im grauen Mittelfeld. Der Maestro aus Italien rückt in die Kritik. Und der Vorstand? Der geht auf Distanz. Dabei weiß Staudt genau: Es wäre für ihn höchst peinlich, wenn er seinen Wunschkandidaten Trapattoni entlassen würde.
Klaus Lükewille

Artikel vom 19.11.2005