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Mit 17 soll ja man noch Träume haben. Jenseits der 30 aber auch. Es gibt Fußballer, die fühlen sich da im besten Alter. Routiniert und gereift, kampferprobt und nervenstark. Junge WM-Kandidaten stecken in der Krise, da melden sich ein paar betagtere Kicker: Herr Bundestrainer, wir sind auch noch da.

Nowotny kämpft

Der Dortmunder Christian Wörns (33) hat besonders laut gerufen. Für Klinsmann zu vorlaut, zu forsch, zu frech. Der Fall ist erledigt. Der 66-fache Nationalspieler wird an der WM nicht teilnehmen. Basta. Da kann Wörns jede Woche eine »2« bekommen und jetzt sogar noch als Torschütze glänzen - der Zug ist weg.
Ein anderer Abwehrspieler, der nach 45 Einsätzen seine Karriere in der Nationalelf eigentlich schon abgeschlossen hatte, er möchte in letzter Minute noch aufspringen. Jens Nowotny (32) nähert sich wieder seiner Bestform.
Drei Kreuzbandrisse hat er in Leverkusen überstanden. Ein harter Hund, der aber schnell zum »Weichspüler« wird, wenn es um das Thema WM geht. Nein, nein, da möchte Nowotny natürlich keine Ansprüche stellen. Die Lektion »Wörns« hat der Abwehrchef gelernt. Er will sich in der Bundesliga anbieten. Zum Beispiel jetzt wieder bei der Partie in Bielefeld. Denn Leistung soll ja Klinsmanns wichtigstes Auswahl-Kriterium sein. Oder etwa doch nicht?

Babbel schweigt

Da gibt es inzwischen Zweifel. Denn wenn man auch ohne Stammplatz in das Elite-Aufgebot kommen, dann hätte Markus Babbel (33) eigentlich ebenfalls dabei sein müssen. Der Routinier zählte zuletzt unter Giovanni Trapattoni nicht mehr zur ersten Elf. Aber jetzt ist der Italiener weg, Arnim Veh sitzt auf der Bank des VfB Stuttgart - und Babbel hat wieder bessere Karten.
Beim 2:0-Erfolg in Hamburg zählte er zu den Besten auf dem Platz. Ex-Bundestrainer Berti Vogts spielte im »Kicker« sofort den Förderer und forderte: Das sei doch ein Routinier, der in der jungen und wackligen Abwehr zu einer WM-Stütze werden könnte.
Die Babbel-Bilanz ist für einen Spieler seiner »Klasse« in der Tat äußerst beachtlich. Er hat immerhin 51 Länderspiele auf dem Konto, stand 1996 in der Europameister-Mannschaft, sammelte schon Erfahrungen in England. Aber auch Babbel hat die Entwicklung im »Fall Wörns« natürlich genau verfolgt - und schweigt lieber.

Brdaric spricht

Klinsmann schätzt keine Spieler, die sich in den Vordergrund quatschen. Ein Angreifer, ohnehin bei ihm nicht besonders gut angesehen, redet sich sehr wahrscheinlich um seine letzte Chance. Thomas Brdaric (31) kann einfach nicht kapieren, dass ihn der Bundestrainer glatt übersieht.
Schließlich hat er für Hannover doch schon zehn Tore erzielt. Von den deutschen Profis rangieren in der Liga-Schützenliste nur Miroslav Klose (17) und der Ballack (12) vor ihm. Und Brdaric? Der schießt sich mit lauten Tönen selbst ab.
Mehmet Scholl (36) sagt kein Wort zur WM. Die ist für ihn weit, weit weg. Warum eigentlich? Bayerns Routinier, 36 Länderspiele, erhielt zuletzt mehrfach den Vorzug vor Sebastian Deisler und Bastian Schweinsteiger, zwei jungen WM-Hoffnungen. Wenn schon »Alte« wieder gefragt sind: Vielleicht sollte Klinsmann auch einmal über Scholl nachdenken. Denn ein Mann für geniale Momente, das ist er immer noch.
Klaus Lükewille

Artikel vom 11.03.2006