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Sie müssen noch zwei Mal auflaufen, aber ihre Saison ist bereits gelaufen. Enttäuschend für zwei Klubs, die sich viel, viel mehr vorgenommen hatten. Beruhigend für zwei Vereine, die bereits 180 Minuten vor dem letzten Abpfiff das rettende Bundesliga-Ufer erreicht haben.

Berliner Bilanz

Klar, theoretisch kann die Berliner Hertha immer noch Tabellenplatz fünf schaffen. Das wäre die UEFA-Cup-Qualifikation. Aber wer glaubt schon daran? Nach dem bitteren 1:5 gegen Bayer Leverkusen keiner mehr. Eine Heimpleite gegen den direkten Konkurrenten. Das war vier Tage nach dem Pokal-Finale im wahrsten Sinne des Wortes ein neues »Endspiel« im Olympia-Stadion. Da haben die Berliner alles verspielt.
Vor dem ersten Anpfiff, einst im August 2005, ging der Blick noch nach ganz oben. Die Qualifikation für die Champions League, das war das erklärte Ziel der Hertha. Die Metropole Berlin sollte endlich auch wieder eine deutsche Fußball-Hauptstadt werden.
Hoher Anspruch, tiefer Fall. Denn nach einem ordentlichen Auftakt stürzte Hertha in die Dauer-Krise. Zwölf Spiele ohne Sieg. Nichts stimmte. Die zusammengekaufte Truppe hatte kein Format, kein Gesicht - und war zu sehr von den Launen seines Stars Marcelinho abhängig. Ein schwerer Fall für Trainer Falko Götz, der immer noch stürzen könnte. Sein Vertrag läuft zwar bis 2008. Aber was heißt das schon?

Stuttgarter Problem

Beim VfB Stuttgart arbeitet der Fußball-Lehrer auch nur auf Bewährung. Wochenlang wurde gepokert und verhandelt. Dann entschieden sich die Schwaben für die Weiterverpflichtung von Armin Veh, der eigentlich nur als Übergangslösung auf die Bank gesetzt worden war. Jetzt soll der Coach bis 2007 bleiben - und muss den VfB wieder in einen internationalen Wettbewerb führen. Sonst ist Feierabend. Endgültig.
Seit Veh diesen Frist-Vertrag in der Tasche hat, gab es übrigens nur noch Niederlagen. Zuerst das 0:1 zu Hause gegen Frankfurt. Danach das 1:3 in München. Mit 40 Punkten stehen die Stuttgarter in der Tabelle im grauen Mittelfeld. Achter. Für bessere Ränge zu schwach, für noch schlechtere Platzierungen etwas zu gut.
Ein Verein, der so hoch hinaus wollte, er hat ein Trainer-Problem. Seit Felix Magath die Bank räumte, geht es abwärts. Denn die Nachfolger scheiterten an der Mannschaft - oder an sich selbst. Wie Matthias Sammer. Und wie Giovanni Trapattoni. Große Namen, große Missverständnisse.

Nürnberger Wahl

Das war beim 1. FC Nürnberg ganz anders. Da hatte Präsident Michael A. Roth, ansonsten ein gefürchteter Trainer-Kipper, endlich mal den richtigen Mann zur richtigen Zeit geholt. Hans Meyer, der Experte, der aus dem Ruhestand kam - und sich jetzt eigentlich wieder zurück lehnen dürfte.
40 Punkte. Platz 9. Klassenziel erreicht. Auftrag erfüllt. Und was macht Meyer? Weiter. Immer weiter. Nur: geht es beim Club auch so weiter? So erfolgreich? Vielleicht hat da einer die Ausstiegs-Chance verpasst. Aber mit seinen 63 ist Meyer eigentlich alt genug. Er muss wissen, was er sich da antut.
So gemütlich wie in den nächsten beiden Nürnberger Spielen wird's für ihn nie wieder. Und auch die Bielefelder können ihre saisonalen Abschieds-Bälle locker angehen. Sie sind gerettet - und treffen nur noch auf Absteiger.
Klaus Lükewille

Artikel vom 06.05.2006