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Mitarbeiter haben stets gute Vorschläge

Pharmaproduzent Baxter Oncology aus Halle ist immer auf der Suche nach Verbesserungen

Von Hans-Heinrich Sellmann
Halle (WB). »Vermögen macht man nicht mit Erfindungen, sondern mit Verbesserungen.« Die These von Amerikas großem Automobilhersteller Henry Ford wird von Unternehmern gern zitiert, wenn es um das Betriebliche Vorschlagswesen geht - heute besser bekannt als so genanntes Ideenmanagement.

In Sachen Verbesserungsvorschläge gilt das eigene Personal mittlerweile als wirksame und kostengünstige Quelle von Innovationen. Auch beim Pharmaproduzenten Baxter Oncology in Halle (Kreis Gütersloh).
Zwischen modernsten Maschinen im Produktionsgebäude an der Kantstraße stand bis vor einiger Zeit ein schlichter Holztisch, an dem die Mitarbeiter ein ganz bestimmtes Präparat in kleine Fläschchen abfüllten - nahezu per Hand. Heute hat der Raum eine halbautomatische Abfüllanlage aus Kunstoff, Plexiglas und Metall. »Die Arbeit ist leichter und sicherer geworden«, erklärt Uwe Tischer. Gemeinsam mit seinen Kollegen Rainer Lohmann und Thomas Mönkemöller hat er die neuen Geräte nicht nur in Eigenregie gebaut, die drei hatten auch den Einfall. Und der wurde prompt umgesetzt. Ein Vorgang, der in dem Haller Unternehmen fast schon an der Tagesordnung ist.
Das Betriebliche Vorschlagswesen, in Deutschland bereits 1872 von Alfred Krupp begründet, hatte vor zwei Jahren in seiner bis dahin umgesetzten Form bei Baxter Oncology ausgedient. »Den Vorschlag zunächst einer Kommission zu unterbreiten und dann auch noch an einen Gutachter weiterzugeben, ehe er überhaupt umgesetzt werden konnte, war ein langwieriger Prozess, bei dem schonmal eineinhalb Jahre ins Land gehen konnten«, sagt Ideenkoordinator Ditmar Hammer. Wie es schneller gehen sollte, teilte das Unternehmen seinen Mitarbeitern schließlich im April vergangenen Jahres mit. Neuer Name, neue Inhalte, unbürokratische Entscheidungswege - für die Verantwortlichen eine kleine Revolution.
Gravierendster Unterschied zu der etwas angestaubten Form: Hat der Mitarbeiter eine Idee, wie er Arbeitsabläufe zu verbessern glaubt, schlägt er sie bei seinem unmittelbaren Vorgesetzten vor, der sofort über Ablehnung oder Umsetzung Auskunft geben kann. 616 Vorschläge sind 2004 aus den Reihen der Baxter-Angestellten gekommen, 483 wurden umgesetzt und nur 133 abgelehnt. »Die abgelehnten Vorschläge müssen nicht unbedingt schlecht sein. Manche rechnen sich einfach nicht, andere sind doppelt eingereicht«, sagt Ditmar Hammer. Gewinner sind dabei sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter. Der Ideenwettbewerb ersparte Baxter Oncology Kosten in Höhe von 496 000 Euro. Im Gegenzug wurden 147 000 Euro Prämien an die Angestellten verteilt: Lassen sich die Einsparungen berechnen, gibt es 20 Prozent der eingesparten Jahressumme, anderenfalls greift ein Punktesystem, wobei jeder Punkt mit fünf Euro honoriert wird.
»Bei diesem Modell geht es uns aber nicht in erster Linie um Einsparungen, sondern um Einbindung«, sagt Standortleiter Dr. Burkhard Wichert. In Baxters Mitarbeiter-Zeitung hieß es zum Start des neuen Ideenmanagements: »Nicht mehr der technische Fortschritt allein verschafft einem Unternehmen einen Vorsprung vor der Konkurrenz, sondern sichere und effiziente Arbeitsprozesse. Diese lassen sich aber nur mit motivierten und engagierten Mitarbeitern erreichen. Der Mensch rückt endlich in den Mittelpunkt der Betrachtung.«
Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob ein neuer Vorschlag gleich eine ganze Abteilung voran bringt oder möglicherweise nur einen Einzelnen betrifft. »In Deutschland leben wir in dem Irrglauben, dass immer gleich große Schritte nötig sind, um erfolgreich zu sein. Die Japaner zum Beispiel lehren uns aber, dass man mit kleinen Schritten, wenn man permanent in Bewegung ist, viel mehr erreichen kann«, sagt Dr. Wichert.
Für das laufende Jahr hat Baxter Oncology seinen Mitarbeitern 700 Vorschläge zum Ziel gesetzt. Mit bis Ende August 466 eingereichten Ideen ist das Unternehmen voll auf Kurs - und arbeitet schon an einer weiteren »Revolution«: In Zukunft soll das System vernetzt werden. Jeder Mitarbeiter kann dann online seinen Vorschlag eingeben, den Stand der Bearbeitung einsehen oder in Erfahrung bringen, welche Prämie es gibt.

Artikel vom 22.10.2005