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Merkel sucht Rückendeckung

Nach dem Wahlschock schon heute Festigung der eigenen Macht

Berlin (dpa). Nach dem Wahlschock für die Union sucht Kanzlerkandidatin Angela Merkel mit einem unerwarteten Schritt volle Rückendeckung für Koalitionsverhandlungen.
Merkel wird sich schon heute zur Wiederwahl als Fraktionschefin der CDU/CSU stellen. Unterdessen wurden in der Union erste Differenzen über den bevorzugten Koalitionspartner deutlich. Außerdem entzündet sich Kritik an der Wahlkampfführung.
Merkel erhofft sich von einer klaren Bestätigung als Fraktionschefin eine stärkere Legitimation für die Gespräche mit den anderen Parteien über eine Koalitionsbildung in den kommenden Tagen, hieß es. Nach wie vor verfolge die Parteivorsitzende das Ziel, nach Abschluss der Gespräche Kanzlerin zu werden.
Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl Josef Laumann, sagte vor einer Präsidiumssitzung: »Die Partei war zu weit weg von den Arbeitnehmern.« Die CDU müsse sich besinnen, woher sie komme, sagte der NRW-Arbeitsminister. Das Wahlteam sei falsch besetzt gewesen. Kritik an der Wahlkampfführung übten auch Friedrich Merz (CDU) und Horst Seehofer (CSU), die nach Auseinandersetzungen mit Merkel ihre Ämter niedergelegt hatten.
Unterdessen scheint es in der CDU-Spitze unterschiedliche Koalitions-Präferenzen zu geben. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff äußerte sich skeptisch zu einem Bündnis mit FDP und Grünen. Auch NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers warnte davor, sich allein auf eine Koalition mit den Grünen und den Freidemokraten zu konzentrieren. Hessens Ministerpräsident Roland Koch sprach sich indes gegen eine Große Koalition aus.
Nach dem Wahldesaster der CSU mit weniger als 50 Prozent in Bayern kritisierte die stellvertretende Parteivorsitzende Barbara Stamm, in den vergangenen Jahren sei in der Partei vieles zu schnell gegangen. »Es kann nicht so sein, dass einige wenige entscheiden, wie die Strategien sind, und die anderen dann Solidarität zu üben haben.« Die CSU war am Sonntag auf 49,3 Prozent abgestürzt - etwa 9 Prozentpunkte weniger als vor drei Jahren.

Artikel vom 20.09.2005