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»Garry, du musst ran«

SC Paderborn: Kruse kassiert Blitz-Tor und wird gelobt

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Nein, ein Traumstart in die 2. Liga ist etwas anderes. Lukas Kruse, 22-jähriger Nachwuchsschlussmann des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn stand in seinem ersten Bundesligaspiel gerade mal 69 Sekunden zwischen den Pfosten, da durfte er den ersten Ball aus dem Netz fischen.

»Garry, du musst ran«, hatte Lukas Kruse seinem Linksverteidiger de Graef im Ostseestadion noch zugerufen, doch der köpfte eine Maul-Flanke genau vor die Füße des Ex-Arminen René Rydlewicz. Rostocks Bester nahm das Gastgeschenk an, lupfte den Ball über den Paderborner Keeper, und es stand 0:1. »Ich war am Rückwärtslaufen und konnte den Ball nicht anders klären«, schilderte der Belgier später die letztlich spielentscheidende Szene. Das Paderborner Problem in dieser Sekunde war nur, dass Kruse selbst auch nicht eingreifen konnte. Der Schlussmann wäre nie rechtzeitig an den Ball gekommen.
David Fall (71.) bereitete zu allem Überfluss auch noch das 0:2 (71./Schied) vor, so dass selbst Kruse von einer verpatzten Premiere sprechen musste: »Hier war ein Punkt drin. Aber wenn man zwei Gegentore auflegt und sich selbst keine richtige Torchance erarbeiten kann, darf man sich am Ende nicht über ein 0:2 beklagen.«
Das Ergebnis verhagelte Kruses Bundesliga-Debüt, den Trainer stellte das Paderborner Eigengewächs aber zufrieden: »Lukas hat sehr konzentriert gearbeitet und ist für seine tägliche gute Trainingsleistung belohnt worden.« Ein »Ball«, denn der Hochgelobte gleich aufnahm und wieder zurück spielte: »Er registriert meine Arbeit und schenkt mir das Vertrauen. Luhukay ist ein super Trainer.«
Und ein Fußballlehrer, der eine ganz klare Hierarchie festgezurrt hat. Stephan Loboué ist die klare Nummer 1, Kruse kommt dahinter und muss auf seine Chance hoffen. Wie am Sonntag. Loboués Knieverletzung verhinderte einen Einsatz und machte den Weg für seinen Teamkollegen frei. »Ich bin jetzt ein Zweitligaspieler und gehöre nicht mehr nur zum Kader, sondern bin richtig dabei«, freute sich der Schlussmann, dessen Rückennummer seit Sonntag eine ganz neue Bedeutung hat: die 1 steht für die Anzahl der Zweitligaeinsätze.
Einen großartigen Unterschied zur dritten Liga sieht Kruse nicht, allenfalls das Umfeld beeindruckt noch. Mehr Zuschauer, größere Stadien und eine wachsende Medienpräsenz - Dinge, an die man sich gern gewöhnt. Ob der selbstbewusste junge Mann auch für das Gastspiel der SpVg. Greuther-Fürth zum zweiten Einsatz kommt, ist offen. »Die Fürther sind Stephans Ex-Klub, das wird er sich nicht entgehen lassen«, glaubt Kruse. Loboué legte gestern Nachmittag mit Torwart-Trainer Zsolt Petry bereits eine Sonderschicht ein. Die Entscheidung fällt aber erst heute Vormittag nach dem Abschlusstraining.
Doch ob Lukas Kruse spielt oder auf der Bank hockt, eine Rolle ist dem Torhüter sicher. Dreimal führte die DFL bislang eine Dopingkontrolle beim SCP durch, dreimal wurde der Name Kruse gezogen. Bis er in Rostock das »kleine Geschäft« erledigt hatte, war der Mannschaftsbus weg. Das passte ins Bild: frühes Tor, späte Heimreise - eine garantiert unvergessene Zweitliga-Premiere.

Artikel vom 20.09.2005