20.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schröder und Merkel
ringen ums Kanzleramt

Westerwelle schließt Schwarz-Gelb-Grün nicht aus

Berlin (dpa/Reuters). Deutschland steht nach dem Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Bundestagswahl vor einem spannenden Koalitionspoker. Sowohl Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) als auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erneuerten gestern ihren Machtanspruch.Bis zur Nachwahl in Dresden am 2. Oktober ist das Ergebnis vorläufig: die Union wurde am Sonntag stärkste Partei vor der SPD.
Der CDU-Vorstand hat Angela Merkel gestern einhellig mit der Bildung einer neuen Bundesregierung beauftragt. Eine Präferenz - etwa für eine große Koalition mit der SPD oder ein Bündnis mit FDP und Grünen - wurde aber nicht festgelegt. Das Spitzengremium hat außerdem der Unions-Bundestagsfraktion empfohlen, Merkel heute im Amt der Fraktionsvorsitzenden zu bestätigen. Damit solle Merkel ein starkes Mandat für die Verhandlungen über die Regierungsbildung verschafft werden.
Auch die SPD hat nach dem unklaren Ausgang der Bundestagswahl ihren Führungsanspruch bei Koalitionsverhandlungen unterstrichen. Die Sozialdemokraten luden CDU, CSU, FDP und Grüne für diese Woche zu ersten Gesprächen ein. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zeigte sich erneut zuversichtlich, dass eine Regierung unter seiner Führung zu Stande kommen wird. SPD-Chef Franz Müntefering machte deutlich, dass eine Regierungsbeteiligung der Partei ohne einen Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht denkbar sei.
Nach der Absage an eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen hat die FDP am Tag nach der Bundestagswahl eine Koalition mit Union und Grünen hingegen nicht ausgeschlossen. »Wir werden natürlich jede Chance wahrnehmen, damit es eine schwarz-gelbe Regierung in Deutschland geben kann«, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. »Ob die Grünen sich so neu erfinden, dass sie Schwarz-Gelb ins Amt wählen, das weiß ich nicht, aber kann ich natürlich auch nicht ausschließen.«
Die Grünen halten sich die Option auf eine mögliche Regierungsbeteiligung offen. Das wichtigste Ergebnis der Wahl sei aber, dass es keine Mehrheit für eine »neo-konservative Wende« gebe. »Alle Gespräche werden von dieser Grundlage aus geführt werden müssen«, sagte Grünen-Spitzenkandidat Joschka Fischer. Grundsätzlich gelte: »Machtfragen folgen Inhaltsfragen.« »Jamaika ist keine Option für die Partei«, sagte Fischer mit Blick auf eine nach den Nationalfarben des Karibik-Staates benannte Koalition aus Union, FDP und Grünen. Fischer schloss für seine Person eine Beteiligung an einer Regierung unter einer Kanzlerin Angela Merkel aus.

Artikel vom 20.09.2005