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Pole als Haupttäter des Banküberfalls angeklagt

Staatsanwalt Heidbrede arbeitet in Rekordzeit - Verteidiger Chlosta hat starke Zweifel

Bielefeld (uko). Der mutmaßliche Haupttäter des Altenhagener Bankraubes steht schon sechs Wochen nach der Tat unter Anklage! Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede hat den Polen Mariusz P. wegen schweren Raubes, dreifacher Körperverletzung und Freiheitsberaubung angeklagt. Der Prozeß vor dem Landgericht soll bereits im November beginnen.

Den Morgen des 2. August werden die Sparkassen-Angestellten Irmtraud S. (56) und Klaus B. (53) in ihrem Leben nicht vergessen können: Als sie ihre Filiale betraten, wurden sie von drei maskierten und bewaffneten Männern empfangen. Wie zuvor der Sparkassen-Kurierfahrer Dieter R. (36) wurden die Angestellten mit Kabelbindern gefesselt und geschlagen. Mit Waffengewalt erpreßten die Räuber schließlich die Öffnung des Tresors. Schließlich flohen die brutalen Gangster um 8.35 Uhr mit 46 000 Euro Beute.
Die Großfahndung hatte einen bemerkenswerten Teilerfolg: Nur wenige hundert Meter entfernt in einem Feld stellte ein Polizeihund den Polen Mariusz P. Der angetrunkene Mann war im Besitz der kompletten Beute und der bei dem Überfall benutzten Waffe. Seine Komplizen indes waren in den Fahrzeugen der Opfer geflohen. P. wurde inhaftiert, nach seinen Mittätern wird weiter gefahndet.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lag der 1. Strafkammer des Landgerichts schon nach zwei Wochen, in Rekordzeit, vor. Ob das »wesentliche Ergebnis der Ermittlungen« mit zu heißer Nadel gestrickt ist oder ob die vorgelegten Beweise ausreichend sind, wird die Hauptverhandlung zeigen. Die Kammer hat den Prozeß auf den 21. und 24. November terminiert. Rechtsanwalt Andreas Chlosta, der P. verteidigt, hält eine nur eingeschränkte Schuldfähigkeit seines Mandanten nicht für ausgeschlossen, denn Mariusz P. hatte Stunden später eine Blutalkoholkonzentration von 1,39 Promille. Daraus folgert Chlosta: »Da kommen wir fast zu einem Wert, bei dem die eingeschränkte Schuldfähigkeit zur Diskussion gestellt werden kann.«
Im übrigen sei P., der eigentlich nur zum Arbeiten nach Deutschland gereist sei, möglicherweise nicht der Anführer, für den ihn der Staatsanwalt halte. »Der Haupttäter läuft doch nicht zu Fuß mit Geld und Waffe ins Kornfeld, während die Komplizen mit dem Auto wegfahren«, äußert Andreas Chlosta Zweifel an der Rollenverteilung. Allerdings räumt auch der Verteidiger ein, daß gewichtige Umstände gegen P. sprechen: die äußerst brutale Behandlung der Opfer und die Tatsache, daß der mutmaßliche Anführer eine Hose mit Streifen trug. Als Mariusz P. gestellt wurde, war er mit einer solchen Hose bekleidet.

Artikel vom 17.09.2005