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Der Präsident als »Quelle«

Radsport: Armstrong schließt Comeback definitiv aus

Montreal (dpa). Die Dopingaffäre um den siebenfachen Tour de France-Gewinner Lance Armstrong ist am Freitag zur Schlammschlacht zwischen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und dem Radsport-Weltverband (UCI) ausgeartet.

Knapp vier Wochen nach der Enthüllung durch die »L'Equipe« hat WADA-Chef Richard Pound den UCI-Präsidenten Hein Verbruggen als Auslöser des Falles »enttarnt«. Der Niederländer soll zumindest ein Dokument von Dopingkontrollen bei der Tour 1999 persönlich den Medien zugespielt haben. Diese überraschende Aussage traf der Kanadier in der Nacht zu Freitag bei einer telefonischen Pressekonferenz in Montreal. Armstrong, der alle Dopingvorwürfe stets bestritten hat, schloss am gleichen Tag ein Tour-Comeback aus.
»Herr Verbruggen hat mir mitgeteilt, dass er Journalisten die Dokumente gezeigt und ihnen mindestens eine Kopie ausgehändigt habe, und dies geschah, wie ich verstanden habe, vor der Veröffentlichung in der Zeitung«, sagte Pound unter Bezug auf die Enthüllungen der »L'Equipe«. Bisher hatte die UCI bestritten, von den Unterlagen überhaupt gewusst zu haben. Damit gerät Verbruggen weiter unter Druck, sein Stuhl wackelt: In einer Woche will sich der Niederländer zur Wiederwahl stellen; der selbstherrlich auftretende UCI-Präsident führt den Verband seit 13 Jahren. Er hat drei Gegenkandidaten.
Die französische Sportzeitung hatte am 23. August unter Berufung auf das Anti-Doping-Labor in Chatenay-Malabry berichtet, dass nachträglich untersuchte, anonyme Urinproben von der Tour de France 1999 Armstrong zuzuordnen seien. Der Texaner hatte alle Vorwürfe vehement bestritten.
»Die UCI bestätigt, dass die Kopie eines Kontroll-Dokuments an einen Journalisten gegangen ist. Wie aber die anderen fünf in die Hände des Journalisten kamen, weiß der Verband nicht«, erklärte UCI-Sprecher Enrico Carpani am Freitag und griff zugleich Pound scharf an: »Pound lügt, wenn er behauptet, dass diese Dokumente von der UCI gekommen sind.«
Armstrong schloss ein Comeback bei der Frankreich-Rundfahrt aus. »Ich habe die Nase voll von dem Thema«, sagte der 33 Jahre alte Texaner, der »keine Chance auf eine faire Behandlung sieht - weder auf der Straße noch bei Dopingkontrollen oder im Labor«. Er sei zudem glücklich mit dem Verlauf seiner Karriere und deren Ende. Armstrong stellte klar: »Ich komme nicht zurück.«

Artikel vom 17.09.2005