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Spielen weckt Neugierde
und hebt die Bildung
Abschied vom zweckfreien Spiel: Lernen ist auf dem Vormarsch
Die Welt steckt voller Geheimnisse. Wie heißt der längste Fluss Frankreichs? Der höchste Berg Russlands? Die Hauptstadt der Mongolei? Wie tief reicht die Ostsee an ihrer tiefsten Stelle? Das sind keine Aufgaben aus Günter Jauchs »Wer wird Millionär?«, sondern Fragen an »Professor Globus«.
Diese rechnende und sprechende Weltkugel ist eines der neuen Spielzeuge, die mit dem amerikanischen Konzern Leapfrog (Springfrosch, auch Bocksprung) über den großen Teich nach Mitteleuropa gekommen sind, um hier der nächsten Generation zu besserer Bildung zu verhelfen. »Professor Globus« beantwortet interaktiv auch Fragen nach Landesfläche und Bevölkerung, nach Zeitzonen und Währungen. Auf Wunsch spielt er die Nationalhymnen. Und wenn man zwei Orte verbindet, nennt er sogar die Entfernung und Flugzeit.
In den USA haben Lernspiele bereits eine viel größere Bedeutung als in Deutschland, wo viele Eltern ihre Kinder bislang nicht zu früh »mit zu viel Pädagogik« belasten wollten. Diese Haltung hat sich in dem Augenblick ins Gegenteil verkehrt, als Pisa- und andere Bildungsstudien aufzeigten, dass das Land der Dichter und Naturwissenschaftler, die Heimat Goethes und Einsteins Schulabgänger produziert, die in ihrem Wissen anderen Industrieländen hinterherhinken.
Derzeit investieren die Deutschen jährlich 60 Millionen Euro in pädagogisches Spielzeug. Dazu zählen singende Baby-Stoffbälle und elektronische Lernbücher (mit »magischem Stift«) ebenso wie Quiz- und Lern-Computerspiele sowie die traditionellen Experimentierkästen. Von Pisa leiten auch große deutsche Spielwaren-Anbieter wie Ravensburger und Kosmos neue Argumente für ihre Werbung ab. So warb Kosmos zeitweise für einige Experimentierkästen mit dem Hinweis »Pisa getestet«.
Marktführer und einziger deutscher Hersteller von Lerncomputern ist die Firma V-Tech im schwäbischen Filderstadt. Ihr »V.Smile«-Lernspielsystem ist auf der diesjährigen Nürnberger Spielwarenmesse mit dem »Toy Innovation Award« in der Kategorie »Edukativ« (Bildung) ausgezeichnet worden. Alle Lernspiele können sowohl mit einer Konsole als auch mit dem reisetauglichen robusten »Pocket«-Computer gespielt werden. »V-Smile« landete im vergangenen Jahr beim Eurotoys-Handelspanel auf dem für Lernspielzeug spektakulären dritten Platz aller verkauften Spielwaren.
Je enger die Welt zusammen wächst, desto wichtiger sind Sprachkenntnisse. Besonders kleine Kinder lernen umso leichter, je größer der Spaß, der damit verbunden ist. Auf dieser Welle surfen vor allem jüngere Anbieter wie der in Dornach bei München ansässige »Kids for Kids«; für »Ben & Bellas Sprachenwelt« arbeiten die Bayern unter anderem mit Super RTL und Edel Kids zusammen. Ein bisschen mehr auf das ältere Publikum schielt der Cornelsen-Verlag mit seiner Sprachen-Software (neu: Russisch).
Wieso? Weshalb? Warum? -Ê das sind die Grundfragen, mit denen Bildung beginnt. »Wieso? Weshalb? Warum?« ist zugleich der Titel einer sehr erfolgreichen Ravensburger-Sachbuchreihe für Kleinkinder. Die Seiten verfügen über Klappen; wer sie öffnet, entdeckt neue Seiten des Themas. Vor wenigen Monaten gesellte sich zu den 44 Sachbüchern eine gleichnamige Spielereihe. Bislang liegen zwei Legespiele mit Informationen über das Leben auf dem Bauernhof und bei den Indianern sowie ein Quizspiel mit Fragen rund um Mittelalter und Ritterburg vor. Bernhard Hertlein

Artikel vom 24.09.2005