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Auch blinde Menschen können wählen: Hans-Werner Lange vom Blinden- und Sehbehindertenverbandes mit einer Schablone, in die der Original-Stimmzettel eingelegt werden kann.

Die Zweitstimme ist entscheidend

Viele Wähler in Unkenntnis - Stimmzettel auch mit einem Kreuzchen gültig

Bonn (dpa/lnw). Viele Wähler haben keine oder falsche Vorstellungen von der Bedeutung der Erst- und Zweitstimme bei der Bundestagswahl. Das ist das Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Europressedienstes.
Demnach wissen 44,7 Prozent der Befragten nicht, wofür die Erststimmen sind. Die Bedeutung der Zweitstimme kennen 41,6 Prozent nicht.
Besonders hoch war die Unwissenheit unter den Jungwählern zwischen 18 und 25 Jahren - zwei Drittel wussten nicht genau Bescheid. Männer waren besser informiert als Frauen.
Die Zweitstimme ist ungeachtet ihres Namens die entscheidende Stimme bei der Bundestagswahl. »Die 598 Sitze im Deutschen Bundestag werden im Verhältnis dieser Zweitstimmen auf die Parteien verteilt«, betont das Büro des Bundeswahlleiters in Wiesbaden. Auf die Bedeutung der Zweitstimme werde daher auch auf den Stimmzetteln hingewiesen.
Grundsätzlich haben die Wähler auch am 18. September zwei Stimmen. Die Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten findet sich auf der linken Hälfte des Stimmzettels und die Zweitstimme für die Wahl der Landesliste einer Partei auf der rechten Hälfte. Die Zweitstimmen sind für die Sitzverteilung im Bundestag bestimmend, weil in jedem Bundesland die von den Parteien auf Grund der Erststimmen errungenen Wahlkreissitze von den Sitzen abgezogen werden, die den Parteien nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustehen. Gültig ist ein Stimmzettel auch dann, wenn ein Wähler lediglich ein Stimmrecht ausübt - also sein Kreuzchen nur bei der Erst- oder der Zweitstimme macht.
Von dem Grundsatz, dass die Zweitstimme die maßgebende Stimme ist, weicht das Bundestagswahlrecht ab, wenn Überhangmandate entstehen. Die fallen an, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreissitze erringt, als ihr auf Grund der Zweitstimmen an Landeslistensitze zustehen. Die direkt erworbenen Wahlkreissitze bleiben der Partei erhalten, und die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag erhöht sich um die Zahl der Überhangmandate. In solchen Fällen bestimmen Erststimmen das Stärkeverhältnis der Parteien mit.
Überhangmandate können beim so genannten Stimmensplitting entstehen. Dabei kann ein Wähler seine Erststimme für den Bewerber einer Partei und seine Zweitstimme für die Landesliste einer anderen Partei abgeben.

Artikel vom 16.09.2005